Wenn Sie ab Juli zu haben sind, gerne rund 32 Millionen Euro pro Jahr an Produzenten, Privatsender und ORF verteilen möchten und dabei gut 200.000 Euro verdienen: Dann sollten Sie bis Anfang Juni dem Bundeskanzleramt schreiben – Kennwort: "RTR-Geschäftsführer".

Den Job hat Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) am Wochenende ausgeschrieben, datiert mit 4. Mai. Keinen Tag zu früh: Mit Ende Juni geht Alfred Grinschgl, der langjährige Geschäftsführer der Rundfunk- und TelekomregulierungsgmbH RTR für den Bereich Medien, in Pension.

Aus der beliebten Reihe Wochenschau-Symbolbilder: Geld.
Foto: APA/dpa/Boris Roessler

Dieser RTR-Geschäftsführer Medien vergibt jährlich 13,5 Millionen Euro Fernsehfonds-Förderung für TV-Produktionen mit Wertschöpfung in Österreich, 15 Millionen Euro für Sendungen mit mutmaßlichem öffentlichem Mehrwert wie etwa die Morningshow auf Kronehit oder "Café Puls", dazu drei Millionen an nichtkommerzielle Privatsender und noch den einen oder anderen Hunderttausender für diese oder jene Umstellung auf digitale Sendetechnik, etwa DAB+-Geräteförderung. Geld hat, wie man sagt, kein Mascherl, dieses dürfte aber aus den Einnahmen des Bundes mit GIS-Gebühren stammen.

Wer würde diesen durchaus schnuckeligen Job nicht wollen? Nachgesagt wird der Jobwunsch, wie selbst unaufmerksame Wochenschau-Leserinnen und –Leser wissen, etwa Andreas Hruza, freier Filmproduzent, Konsulent und stellvertretender Leiter des Wiener Bachelorstudiengangs "Film, TV- und Medienproduktion". Hruza ist Vorsitzender des Fernsehfonds-Fachbeirats der RTR. Oder auch Michael Wimmer, derzeit Büroleiter von ORF-Chef Alexander Wrabetz – im ORF erzählt man sich freilich, dass dessen Ambitionen nicht mehr ganz so groß wären, aber im ORF erzählte man sich schon viel. Mehr zum Thema finden Sie zum Beispiel hier, wiewohl auch da nicht alle, die sich für den Job interessieren könnten, die Ausschreibung hierund was die RTR ist hier, falls Sie sich bewerben möchten. Ist schon eine ganz schöne Aufgabe.

Sie brauchen zum Beispiel (laut Ausschreibung) "einschlägige Berufserfahrung in leitender Funktion in der öffentlichen Verwaltung und allenfalls auch in einem zumindest mittelständischen Unternehmen". "Erfahrungen im Förderwesen". Und ein "abgeschlossenes einschlägiges Hochschulstudium oder gleichwertige Qualifikation".

Seit 4. Mai ausgeschrieben: der nächste RTR-Geschäftsführer, Frauen werden bei gleicher Qualifikation bevorzugt.
Foto: Amtsblatt Wiener Zeitung

Der Job ist jedenfalls weitaus verständlicher als eine Handvoll neuer Funktionen, an denen ORF-General Alexander Wrabetz gerade bastelt, wenn er diese Woche von einem kurzen Kuraufenthalt zurückkehrt. Bevor er auf Kur fuhr, hat er ein paar Entwürfe für eine Organisationsanweisung über den Küniglberg verteilt, wo man seither darüber rätselt. Diese Woche dürfte der Fernsehbetriebsrat dem ORF-General seine Meinung zu den so passend und vieldeutig OA abgekürzten Strukturvorgaben sagen.

Danach wird wohl noch ein bisschen gebastelt an der Organisationsanweisung, mit der die Channel Manager für ORF 1 und ORF 2 eingerichtet werden, samt Channel-Chefredakteuren und Programmleitern. All diese Jobs sind auch noch auszuschreiben.

Noch relativ klar sind Sätze wie dieser: "Bei Dissens zwischen CM ORF 1 und CM ORF 2 entscheidet in den Zuständigkeitsbereichen CR ORF 1 und CR ORF 2 ("Information") GD und in den sonstigen, nicht Information betreffenden Bereichen PD." Soll heißen: Wenn die Channel Manager für ORF 1 und ORF 2 über Informationsfragen streiten, dann sagt der ORF-General, wo es langgeht. Bei anderen Themen abseits der Information die Programmdirektorin.

Die bisher bekannten Entwürfe für die Organisationsanweisung ordnen die Channel Manager nun der Programmdirektorin zu (bisher Fernsehdirektorin, Kathrin Zechner). Das dürfte einen simplen Grund haben: Sonst würde der Fernsehbetriebsrat, der derzeit auch zwei Mitglieder im ORF-Stiftungsrat stellt, fast ein Viertel seiner Belegschaft und damit seines Gewichts verlieren. Die Zuordnung führte schon da und dort zu kleineren Missverständnissen, dass die Fernseh-Information doch bei der Programmdirektorin bleibe. Die OA ist aber auch wirklich sehr kompliziert konzipiert.

Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, und für alle irgendwas – der General entwarf eine Organisationsanweisung für vielerlei Interessen:

  1. SPÖ, ÖVP und FPÖ, vielleicht auch der eine oder die andere Grüne in Politik und Stiftungsrat wünschen sich merkbar eine andere Struktur im Fernsehen – anders jedenfalls als eine sehr selbstbewusste Fernsehinformation mit den Schlüsselspielern Fritz Dittlbacher (Chefredakteur), Armin Wolf (Anchorman, Social-Media-Größe), Dieter Bornemann (Redakteursratsvorsitzender) und Wolfgang Wagner (ZiB2-Chef).
  2. Dieser Wunsch nach Veränderung passt gut zu einer lange schon von ORF-Chef Wrabetz ventilierten Strukturidee – jedem ORF-Kanal seinen Chef. Diesen neuen Chefs kann man die bisherige TV-Information zuordnen.
  3. Der durchaus durchsetzungsfreudige Sozialdemokrat Roland Brunhofer (ORF 2) braucht ohnehin einen Job, seit er das ORF-Landesstudio im wieder bürgerlichen Salzburg für einen bürgerlichen Kandidaten räumen musste. Brunhofer und die als ÖVP-Wunsch gehandelte Lisa Totzauer (ORF 1) gelten als Favoriten der Koalitionsparteien, vielleicht auch der FPÖ (darauf könnten die freundlichen Worte von ORF-Technikvizedirektor Thomas Prantner über Brunhofer zuletzt in "Profil" hindeuten). Dazu wird der universell kompatible Langzeitinnenpolitikchef Hans Bürger als ORF-2-Infochef gehandelt, und vielleicht rückt bei ORF 1 ja Vize Hanno Settele auf Totzauers bisherigen Platz auf.
  4. Gewählte Betriebsräte begegnen Aufteilungen ihres Betriebsratsbereiches gemeinhin nicht sehr begeistert. Auf zwei von fünf Mandaten des Betriebsrats im ORF-Stiftungsrat sitzen derzeit Fernseh-Betriebsräte. Verlegt man die TV-Information mit 150 bis 160 Mitarbeitern aus ihrer Direktion in die Generaldirektion, dann ist deren Betriebsratsbereich und damit Machtbasis gleich fast ein Viertel Stück kleiner.
  5. Die Fernsehdirektorin, künftig Programmdirektorin, verliert üblicherweise auch ungern eine Schlüssel-Abteilung ihres Bereiches. Kathrin Zechner soll zwar den Abschied von der TV-Information inzwischen gelassener sehen als noch vor ein paar Monaten. Aber ein Organigramm, in dem der Programmdirektorin die neuen TV-Channels in ihrem Bereich sieht, wird die Direktorin jedenfalls nicht stören.
  6. Aber: Als Politwunsch gilt ebenso, dass die Fernsehinformation nach einem vielleicht nicht optimal vorbereiteten "Bürgerforum" voller Bürgergrant oder auch Jeder-gegen-jeden-Konfrontationen vor Wahlen, wie sie Regierungsparteien nicht gerade lieben, und anderen Disharmonien zwischen Küniglberg und Parteisekretariaten nicht mehr in Zechners Händen liegen möge.
Soweit, so einfach: ein Channel Manager für ORF 1, ein Channel Manager für ORF 2. Aber dann wird's kompliziert: ORF-General Alexander Wrabetz.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wie kriegt man diese Punkte (und wohl noch ein paar mehr) unter einen Hut? Alexander Wrabetz hat Entwürfe für eine Organisationsanweisung – wohlgemerkt: für die Programmdirektion – vorgelegt, die das versuchen:

  1. Alle Hauptabteilungen von 2 bis 9, also von der Wissenschaft bis zu den Magazinen*, gibt es weiter in dem Organigramm, und etwa auch die Programmplanung (die eigentlich zu den Channels wandern sollte).
  2. Die mit 1 bezifferte Fernsehinformation, der Aktuelle Dienst, fehlt in dem Organigramm.
  3. Dafür zeigt es unter der Fernsehdirektorin auch zwei neue Organisationseinheiten – CH1 und CH2: die Channel Manager für ORF 1 und ORF 2.
  4. CH1 und CH2 sind jeweils zwei Führungspositionen zugeordnet – je ein Chefredakteur CR (1 und 2) und je ein PL – Programmleiter. Die sind im Organigramm den Channel Managern zugeordnet.
  5. Bis hierher war es relativ einfach – nun kommen ein paar Abers:
  6. Die Channel Manager unterstehen nach diesem Entwurf "disziplinär" dem ORF-Generaldirektor – also in allen arbeitsrechtlichen Fragen von Bestellen und Absetzen bis hin zur Urlaubsplanung und Dienstzeiten. Fachlich sind sie damit – nach dem Organigramm und ohne weitere Ausnahme – der Programmdirektorin zugeordnet.
  7. Die Channel-Chefredakteure unterstehen dem Channel Manager – und in letzter Instanz disziplinär und fachlich dem ORF-General, soll eine weitere Klausel sagen. Fachlich – soweit nicht das Redakteursstatut Eingriffe in journalistische Entscheidungen untersagt.
  8. Bei den Channel-Chefredakteure macht der Entwurf zur Organisationsanweisung noch einen kleinen Unterschied: Der Chefredakteur von ORF 2 entscheidet bei "Dispositionsfragen", wenn er sich nicht mit seinem Kollegen von ORF 1 einigt. Da geht es auf den ersten Blick vor allem um die Besetzung von Terminen und Themen mit Teams – aber auch so banale Entscheidungen können inhaltliche Konsequenzen haben.

Dem künftigen Chefredakteur von ORF 2 wird die bisherige Fernsehinformation laut ORF-Chef Alexander Wrabetz im STANDARD-Interview praktisch ganz zugeordnet – abzüglich rund 30 Info-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, die schon bisher ORF 1 zugeordnet waren.

Längst ausgeschrieben indes waren die TV-Rechte an der Champions League, über die Vergabe liegen zumindest der Wochenschau noch keine offiziellen Infos vor. Umso mehr wird getuschelt. Über kostenpflichtige Streaming-Plattformen wie Dazn zum Beispiel, die sich sehr ernsthaft um die Rechte bemühten. Und über Sky – Rupert Murdochs Abofernsehen soll Exklusivrechte anstreben und damit Livespiele im Free-TV infrage stellen.

Schauen wir mal, was wir noch sehen. Und wen in welchem Job. (Harald Fidler, 8.5.2016)