Fasten ist gut für das Herz. Grazer Forscher erforschen nun natürliche Substanzen, die das Fasten im Körper imitieren.

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Herzinsuffizienz zählt zu den rasant zunehmenden Formen der Herz-Kreislauferkrankungen. Fasten wirkt sich positiv auf die Herzgesundheit aus, ist aber nicht allen Bevölkerungsgruppen zu empfehlen. Europäische Forscher unter Grazer Leitung wollen daher mit natürlichen Substanzen das Fasten imitieren. So soll die Herzmuskelverdickung verhindert, hinausgezögert oder rückgängig gemacht werden.

Bei Herzinsuffizienz handelt es sich um die verminderte Pumpfunktion des Herzens. Während die systolische Herzinsuffizienz durch eine Erweiterung der linken Herzkammer gekennzeichnet ist, ist bei der diastolischen Herzinsuffizienz eine Dehnbarkeit der linken Herzkammer gestört. Das führe dazu, dass das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Diese fortschreitende Schwäche des Herzmuskels geht mit Kurzatmigkeit, Leistungsschwäche und Schwellungen in den Beinen einher, beschreibt Simon Sedej von der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Med-Uni Graz die Symptomatik der Erkrankung.

Die Ursachen liegen in einer sukzessiven Verdickung und Versteifung des Herzmuskels, der sich in der Entspannungsphase des Herzens (Diastole) nicht mehr richtig erholen kann, wie Sedej erklärt. Er forscht seit Jahren an der Med-Uni Graz an den Zellmechanismen und metabolischen Veränderungen, die für die Herzmuskelschwäche verantwortlich sind. Aktuelle Studien – auch solche aus Graz – würden belegen, dass kalorienreduzierte Ernährung und die dadurch eingeleiteten Stoffwechselprozesse positive Effekte auf das Herz haben: "So kann beispielsweise bei übergewichtigen Patienten die diastolische Herzfunktion deutlich verbessert werden", so Sedej. Permanentes Fasten kann aber nicht jedem Patienten zugemutet werden.

Herzfunktion verbessern

"Wir wollen prüfen, ob Substanzen, die metabolische Effekte des Fastens imitieren, sogenannte Kalorienrestriktions-Mimetika, die diastolische Dysfunktion verhindern bzw. ob die Funktion des Herzens wieder verbessert werden kann", erklärt der Forscher. Er leitet in den kommenden drei Jahren das europäische Forschungskonsortium "Minotaur" (Metabolic therapy for managing diastolic heart failure). Beteiligt sind Kollegen aus Frankreich, Spanien, Portugal, der Schweiz und Deutschland.

Die Wissenschafter legen ihren Fokus auf natürliche Substanzen. Eine davon ist das Spermidin, ein Polyamin, das in höchster Konzentration in der Samenflüssigkeit vorkommt. Grazer Forscher haben bereits eine positive Wirkung dieser Substanz auf das Herz nachgewiesen. Im Tiermodell hat Spermidin die Herzelastizität und diastolische Entspannung erhöht, während die Verdickung der Herzwände abnahm.

Die Forscher führen das auf den Prozess der sogenannten Autophagie zurück, bei dem Körperzellen eigene fehlerhafte Bestandteile abbauen. Sie verwerten sie vor allem in Hungerperioden. Wie vor allem Frank Madeo und Tobias Eisenberg von der Uni Graz herausgefunden haben, kann Spermidin diesen zellulären Reinigungsprozess auch jenseits von Fastenperioden ankurbeln. Das Polyamin kommt in hohen Konzentrationen auch in Weizenkeimen Sojabohnen, Erbsen, manchen Käsesorten, Pilzen und Nüssen vor.

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Bisher ist jedoch noch nicht erforscht ob diese Substanz die diastolische Herzinsuffizienz nachhaltig stabilisieren kann. Ein anderer Kandidat wäre Nicotinamid (Coenzym Vitamin B3), welches laut Sedej den Kalziumsignalweg und die Gentranskription bei verschiedenen Stoffwechselenzymen beeinflusse. "Wir haben die Substanzen, jetzt wollen wir in klinisch relevanten Tiermodellen untersuchen, ob sie wirklich vielversprechend sind", so der Grazer Kardiologe.

Zuvor soll untersucht werden, "in welchen molekularen und zellulären Mechanismen die Effekte der Substanzen begründet liegen könnten". Mithilfe hochauflösender Untersuchungs- und Bildgebungsmethoden wollen die Forscher weiters geschlechtsspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede finden. Letztlich sollen über eine Korrelationsstudie die erhobenen Daten mit klinischen Daten aus einer Patientenkohorte verglichen werden, um erste Hinweise zu erhalten, ob die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. (APA, 10.5.2017)