Die Bauchspeicheldrüse, auch Pankreas genannt, liegt umgeben von lebenswichtigen Organen.

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Sie befindet sich unterhalb der Leber und ist mit vielen Blutgefäßen durchzogen.

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Die Patientenbroschüre der Pancreatic Cancer Unit der ABCSG.

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Wien – Es gibt Rankings, die rauben einem jede Illusion. In der Krebsmedizin sind es jene Diagnosen, die beim wichtigen Maßstab des Fünf-Jahre-Überlebens auf den letzten Plätzen rangieren. "Einstweilen macht der Bauchspeicheldrüsenkrebs leider das Schlusslicht", sagt Michael Gnant, Vorstand der Universitätsklinik für Chirurgie an der Med-Uni Wien. Als Leiter der ABCSG-Studiengruppe für Brust- und Darmkrebs überaus erfolgreich, nimmt er zusammen mit einem interdisziplinären Team von Experten das Pankreaskarzinom in Angriff und will in den nächsten Jahren die Situation für Patienten zum Besseren verändern.

Spezialisten aufsuchen

"Durch Zentrumsmedizin", so seine Strategie, denn Pankreaskarzinome sind hochkomplexe Erkrankungen, erfordern sowohl bei der Operation als auch in der Behandlung viel Erfahrung, "die kleine Spitäler allein schon wegen der notwendigen Patientenzahlen nicht aufbringen können", sagt er. Durch das Sammeln von Daten zu Tumorbiologie und Behandlungsresultaten will die Gruppe den Tumor besser kennenlernen und ihn durch eine stadiengerechte und multimodale Therapie effizienter als bisher bekämpfen.

Die Hürden: Bauchspeicheldrüsekarzinome machen sich durch Symptome wie gürtelförmige Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Verdauungsprobleme oder Gelbsucht erst sehr spät bemerkbar. "Spät" bedeutet in der Onkologie, dass Tumorzellen den Ursprungsort verlassen und Metastasen gebildet haben. Damit ist nur mehr eine Lebensverlängerung, keine Heilung möglich.

Die besten Prognosen haben insofern jene, deren Pankreaskarzinom auf das Organ selbst beschränkt ist und zudem von Chirurgen als "resektabel", so der Fachbegriff für die Möglichkeit einer Entfernung, eingestuft wird. Der überwiegende Teil der Pankreaskarzinome liege im Kopfbereich, und perfiderweise scheinen sich gerade dort Symptome erst spät bemerkbar zu machen, sagt Chirurg Martin Schindl, Koordinator der Pankreas-Taskforce an der Med-Uni Wien.

Besser kennenlernen

Durch hochauflösende bildgebende Verfahren wie CT und MRT wolle man die Tumoren, die von unterschiedlichen Zelltypen ausgehen, besser charakterisieren bzw. durch Positronenemissionstomografie in ihrem Stoffwechsel besser kennenlernen, so Schindl – auch zu dem Zweck, seine Aggressivität zu begreifen.

Zudem setzt Schindl auf Exosom-Analyse im Blut, das sind kleine Bläschen, die der Tumor zu produzieren scheint und als Proteine in die Blutbahn entlässt: "Sie könnten für die Früherkennung bzw. für die Therapiekontrolle in Zukunft eine wichtige Rolle spielen", hofft Schindl.

Was die Medizin Patienten heute anbieten kann, ist Chemotherapie. Zum einen, um Tumoren zu "schrumpfen" und sie so operabel zu machen – "neoadjuvant" ist der Fachbegriff -, zum anderen zur Lebensverlängerung. "Wir haben eine ganze Reihe von Tumormarkern im Visier", sagt Gabriela Kornek, ärztliche Direktorin der Med-Uni Wien und Präsidentin der Initiative "Leben mit Krebs", und diese wolle man durch Studien in ihrer Relevanz für das Tumorgeschehen austesten. Die BRCA-1-Mutation, die auch bei Brust- und Eierstocktumoren eine Rolle spielt, dürfte für eine kleine Patientengruppe auch bei Pankreaskrebs relevant sein. Auch sei der Tumormarker CA 19-9 oft erhöht und damit im Visier der Onkologen.

Das Scharfmachen des körpereigenen Abwehrsystems gegen Tumorzellen ist ein eigener Forschungsbereich. "Die Immuntherapie scheint nur in Kombination mit Chemotherapie einen Effekt zu haben", präzisiert Onkologe Gerald Prager, ebenfalls im Team der Med-Uni Wien. Er ist darüber hinaus auf die Ergebnisse einer Studie zur Hemmung von Hyaluronsäure gespannt. Standardmäßig sind derzeit sechs Chemotherapeutika und ein Tyrosinkinasehemmer in verschiedenen Kombinationen im Einsatz: "Die Patienten sprechen unterschiedlich an", sagt er. Die ABGSG sieht in der systematischen Erfassung all dieser Parameter eine große Chance.

Lebensqualität erhalten

"Wir sehen selten Patienten, die eine Behandlung gänzlich verweigern", sagt Prager, weil man die Nebenwirkungen der Chemotherapie gut im Griff habe. Ohne Therapie verschlechtert sich der Allgemeinzustand der Betroffenen meist rasch. Wichtig sei, Patienten wegen einer möglichen Schmerztherapie eng an die Klinik zu binden. Von Therapien wie Hyperthermie oder Ozon rät er ab, weil "es keinen Hinweis auf Wirksamkeit gibt". Eine interdisziplinäre Behandlung garantiere Lebensqualität. In späten Stadien der Erkrankung würden die Schlafphasen einfach immer länger, sagt Prager. (Karin Pollack, 23.5.2017)