Mehr als diesen Satz braucht es derzeit nicht, um auf Twitter inmitten eines Shitstorms zu landen: "Wünsche allen Musliminnen und Muslimen einen gesegneten #Ramadan". Kaum hatte der neue ÖVP-Chef und Außenminister Sebastian Kurz diesen Satz am vergangenen Donnerstag auf der Kurzmitteilungsplattform veröffentlicht, wurde er von zahlreichen anderen Nutzern wüst beschimpft und beflegelt. Er krieche dem "Islam-Pack in den Arsch", sei ein "Affe" und "Volksverräter", der die "christlichen Wurzeln" vergesse, lauteten die Anwürfe.

Automatische Posts

An der Schimpforgie war auffällig, dass sich auch Twitter-Nutzer daran beteiligten, die Merkmale sogenannter Social Bots aufweisen. Mit diesen können massenhaft Einträge bei Diensten wie Twitter oder Facebook automatisch generiert werden, die so aussehen wie Posts von menschlichen Nutzern.

derStandard.at

Bots treten meist anonym, ohne plausiblen Namen und Foto, in Erscheinung, geben immer nur zu bestimmten Themen Kommentare ab und haben keine oder nur sehr wenige Follower. In vielen Fällen posten Bots hierzulande rechte und islamfeindliche Statements und streuen manchmal Falschmeldungen. Werden Bots in den Meinungskampf geschickt, steckt oft das Ziel dahinter, Nutzern zu suggerieren, dass im Netz eine bestimmte Meinung vorherrsche. Es geht darum, Präsenz zu zeigen, Debatten an sich zu reißen, manchmal auch einzuschüchtern.

Der Tweet von Sebastian Kurz löste den Shitstorm aus.

Zuletzt hatte im US-Wahlkampf vor allem Donald Trump Rückendeckung durch Bots erhalten. Nach einer Studie der Oxford University wurde nach der ersten TV-Debatte am 26. September mehr als jeder dritte Tweet (37,2 Prozent) zur Unterstützung von Trump von einem Softwareroboter abgesetzt. Auch seine Widersacherin Hillary Clinton profitierte von Bots. Bei ihr lag der Bot-Anteil allerdings nur bei 22,3 Prozent. In den USA wird seit der Wahl von Trump diskutiert, ob nicht auch Bots für dessen Sieg verantwortlich waren.

Kein Thema in Österreich

Ob auch hierzulande Softwareroboter im Vorfeld der kommenden Nationalratswahl im Oktober wohl eine Rolle spielen werden, ist derzeit noch nicht abzusehen. Wie ein Rundruf zeigt, ist der Einsatz von Bots für viele heimische Parteien derzeit überhaupt kein Thema. Bei der im Netz sehr aktiven und durchaus erfolgreichen FPÖ sieht man keinen Grund, derartige Software einzusetzen. FPÖ-Kommunikationschef Alexander Höferl bedauert mögliche Mitbewerber, die Bots auf sozialen Medien einsetzen müssten.

Die deutsche CDU sprach sich bereits vor Monaten vehement gegen den Einsatz von Bots im Wahlkampf aus, nachdem führende Köpfe der rechtspopulistischen AfD laut über den Einsatz der Technologie nachgedacht hatten.

Rasch programmiert

Ein Vorteil der Roboterprogramme ist, dass sie relativ rasch programmiert werden können. Ein einfacher Prototyp, der etwa Mitteilungen bestimmter Accounts liked und teilt, "ist in wenigen Stunden fertig", sagt die IT-Expertin Barbara Ondrisek dem STANDARD. Sie zählt zu den führenden Bot-Entwicklerinnen Österreichs. Und "diesen Bot dann zu vervielfältigen, ist für Techniker keine große Herausforderung mehr". (sum, 29.5. 2017)