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Rauchschwaden nahe des Explosionsorts in der afghanischen Hauptstadt Kabul.

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Sicherheitskräfte im Einsatz nach der Explosion.

Foto: APA/AFP/SHAH MARAI

Kabul – Bei einem Autobombenanschlag im Diplomatenviertel von Kabul sind laut offiziellen Angaben mindestens 80 Menschen getötet worden. Zudem gebe es mehr als 350 Verletzte, teilte das afghanische Gesundheitsministerium mit. Die Opferzahl werde wahrscheinlich noch steigen.

Unter den Verletzten sollen auch viele Zivilisten sein. Eine riesige Rauchwolke stand über der Gegend. Die Explosion war offenbar so stark, dass noch in mehreren hundert Metern Entfernung Häuser beschädigt wurden.

Die Autobombe, die vermutlich in einem Wassertankwagen versteckt war, hatte das Diplomatenviertel von Kabul im morgendlichen Stoßverkehr erschüttert. Tausende Menschen waren zur Zeit der Explosion kurz nach 8.30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit.

Botschaften und Ministerien in der Nähe

Das Ziel des Anschlags war zunächst unklar. In der Nähe liegen mehrere Botschaften, die auch beschädigt wurden, etwa die deutsche, die französische, die chinesische und die indische. Ein afghanischer Wachmann der deutschen Botschaft wurde getötet, wie der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch in Berlin mitteilte. Mehrere Bedienstete der deutschen Botschaft wurden verletzt.

In unmittelbarer Nähe liegen auch Ministerien sowie das Hauptquartier der Nato und der Präsidentenpalast. Österreich unterhält keine diplomatische Vertretung in Kabul, jene für den Amtsbereich Afghanistan befindet sich in Pakistan. Österreicher sind vom Anschlag nicht betroffen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Wien, Michael Bauer. In Afghanistan sind derzeit zehn österreichische Bundesheer-Soldaten im Rahmen der geführten Nato-Mission (RSM) im Einsatz.

Die deutsche Regierung hat wegen des Anschlags einen für den Abend geplanten Abschiebeflug nach Afghanistan abgesagt, wie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP zufolge mitteilte. Die Absage erfolgte demnach allerdings "nur für heute" und aus "Rücksicht auf Botschaftsangehörige". Die Mitarbeiter der Auslandsvertretung seien mit der Schadensaufnahme befasst und könnten sich daher nicht um die Ankunft des Abschiebefliegers am Kabuler Flughafen kümmern. An der grundsätzlichen Haltung der Bundesregierung werde sich nichts ändern, sagte Innenminister Thomas de Maiziere (CDU).

Vom österreichischen Innenministerium hieß es am Mittwoch auf Anfrage des STANDARD, es fänden aktuell Abschiebungen statt. Konkret sei am Mittwoch eine Frontex-Abschiebung von 17 Personen aus Österreich erfolgt.

BBC-Fahrer getötet

Bei dem Anschlag wurde auch ein afghanischer Fahrer des britischen Senders BBC getötet. Vier BBC-Journalisten wurden verletzt, wie der Sender am Mittwoch in London mitteilte.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat gemeinsam mit OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier den Anschlag verurteilt. In einer gemeinsamen Aussendung sprach Kurz, der derzeitige Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), am Mittwoch von einer "barbarischen Tat".

Die "grausame Attacke", die Afghanen und internationale Zivilisten getroffen hatte, sei "inakzeptabel". "Diese barbarischen Handlungen werden jedoch das OSZE-Engagement zur Unterstützung Afghanistans und seiner Menschen nicht ändern", sagte Kurz.

Auch die Nato-Mission in Afghanistan hat die Bluttat scharf verurteilt. Der Anschlag spiegle die "barbarische Natur" der Täter und deren völlige Gleichgültigkeit gegenüber Zivilisten, erklärte das Hauptquartier des Einsatzes "Resolute Support" in Kabul.

Anschläge nehmen zu

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Ein Sprecher der radikalislamischen Taliban bestritt eine Beteiligung. Ende April hatten die Taliban ihre jährliche "Frühjahrsoffensive" gestartet und ihre Angriffe verschärft. Zuletzt hat aber auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" vermehrt Anschläge in Afghanistan verübt. Die Gewalt hat seit dem Abzug der meisten internationalen Soldaten Ende 2014 deutlich zugenommen. (APA, Reuters, red, 31.5.2017)