Galapagoskormorane haben nur 20 Zentimeter lange Stummelflügel, die nach Tauchgängen in der Sonne getrocknet werden müssen.

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San Diego / Wien – Unter den zahlreichen eigenwilligen Arten, die nur auf den zu Ecuador gehörenden Galapagosinseln heimisch sind, gehört der Galapagoskormoran zu den eingenwilligsten. Während die rund drei Dutzend anderen Vertreter dieser Seevogelfamilie über exzellente Flugfähigkeiten verfügen, hat der Galapagoskormoran (der auch als Galapagosscharbe bezeichnet wird) das Fliegen völlig verlernt.

Die bis zu einem Meter großen und vier Kilogramm schweren Vögel wiegen etwa doppelt so viel wie ihre flugfähige Verwandtschaft. Ihre Flügel sind dagegen nicht einmal 20 Zentimeter lang.

Ergebnis natürlicher Selektion

Warum die Galapagosscharbe wie viele andere Vogelarten im Laufe der Evolution das Fliegen verlernte, wird gemeinhin mit Darwins Theorie der natürlichen Selektion erklärt: Laut Darwin, der auf den Galapagosinseln wichtige Beobachtungen für die Entwicklung seiner Evolutionstheorie machte, würde es bei Abwesenheit von natürlichen Fressfeinden zu Größenwachstum kommen und dadurch indirekt auch zum Verlust der Flugfähigkeit.

Center for Penguins as Ocean Sentinels

Ist diese theoretische Annahme unbestritten, bleibt doch die Frage, was sich in den Genen der Galapagoskormorane im Laufe der Zeit veränderte. Dem ist nun ein Forscherteam um Alejandro Burga auf recht aufwendige Weise nachgegangen: Der Forscher von der Universität Kalifornien in San Diego analysierte in einem ersten Schritt das Genom des flugunfähigen Kormorans und verglich es mit der DNA von drei verwandten Arten, die fliegen können.

Mehrere identifizierte Gene

Den Unterschied machen einige Gene aus, die beim Menschen in analoger Form für Knochenfehlbildungen sorgen, etwa für Polydaktylie, also überzählige Endglieder. Um auf Nummer sicher zu gehen, schleusten die Forscher zwei der Gene (lft122 und cux1) auch Mäusen und Fadenwürmern ein, wo sie zu den erwarteten Defekten (bei Fadenwürmern der Zilien) führten.

Burga und sein Team erhoffen sich dadurch zum einen mehr Aufschlüsse über diese Krankheiten beim Menschen. Zum anderen resümieren sie im Fachblatt "Science", dass diese Gene bei den Vögeln einer positiven Selektion unterzogen worden sein – vor allem deshalb, weil kürzere Flügel beim Tauchen nach Futter den Auftrieb verringern.

Der Nachteil des Vorteils

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Vorteil freilich als Nachteil herausgestellt: Eingeschleppte Tiere schadeten dem flugunfähigen Vögel, von denen es nur noch rund 1700 Exemplare gibt. Und auch wenn sich diese Zahl mittlerweile stabilisiert hat, so zählt der Galapagoskormoran nicht nur zu den eigenartigsten, sondern auch zu den seltensten Meeresvögel unseres Planeten. (tasch, 1.6.2017)