Sebastian Kurz hat sich weite Durchgriffsrechte in der Partei gesichert.

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Wien – Die ÖVP wählt heute, Samstag, auf ihrem Parteitag in Linz Sebastian Kurz zum neuen Parteiobmann und Nachfolger von Reinhold Mitterlehner. Zugleich wird eine Statutenreform beschlossen, mit der eine Reihe von Bedingungen des ÖVP-Chefs umgesetzt werden. Kurz soll laut den geplanten Statutenänderungen bei wesentlichen Personal- und Strategieentscheidungen weitgehend freie Hand erhalten.

Der Bundesparteiobmann kann demnach künftig mit eigener Liste kandidieren, die von der Volkspartei unterstützt wird und für andere Personen, die nicht Parteimitglied sind, offen ist. Zugleich erhält der ÖVP-Chef ein Durchgriffsrecht auf die Listen. Kurz bekommt die Kompetenz zur Erstellung der Bundesliste für die Nationalratswahl und die EU-Wahl. Die Erstellung der Landes- und Regionallisten muss im Einvernehmen mit dem Bundesparteiobmann erfolgen, dem im Zweifelsfall ein Vetorecht zukommt.

Die Entscheidungskompetenz für die Bestellung des ÖVP-Regierungsteams sowie der Generalsekretäre bzw. Geschäftsführer liegt nach der Statutenreform ebenso beim Bundesparteiobmann wie inhaltliche Vorgaben zur Positionierung der Volkspartei. Auf allen Wahllisten soll künftig ein Reißverschlusssystem gelten, das abwechselnd Mann, Frau, Mann bzw. Frau, Mann, Frau vorsieht. Über das tatsächliche Abschneiden entscheiden dann aber die Wähler mittels Vorzugsstimmensystem. Wer mehr Stimmen erreicht, wird vorgereiht. Das Vorzugsstimmenmodell wird allerdings nicht statutarisch festgelegt.

Nachfolgend Auszüge der geplanten Änderungen des Bundesparteiorganisationsstatuts der ÖVP:

  • Der Bundesparteiobmann bestellt den/die Generalsekretär(e) und kann einen Bundesgeschäftsführer gemäß § 45 Z 8 bestellen. Eine Abberufung dieser ist jederzeit möglich. Der Bundesparteiobmann übt die Nominierungsrechte der Bundespartei in Zusammenhang mit einer Beteiligung der ÖVP an einer Bundesregierung aus und trifft die entsprechenden Entscheidungen in Personalfragen.
  • Durch Entscheidung des Bundesparteiobmannes kann dem (den) Generalsekretär(en) zur ordnungsgemäßen Erledigung seiner (ihrer) Aufgaben ein Bundesgeschäftsführer beiseite gestellt werden.
  • Der Bundesparteiobmann erstellt die Kandidatenliste für die Wahlen zum Europäischen Parlament sowie die Nationalratsliste auf Bundesebene. Die Nationalratslisten auf Landesebene werden im Einvernehmen mit dem Bundesparteiobmann erstellt, dem ein Vetorecht zukommt.
  • Die Aufstellung und Reihung der ÖVP-Kandidaten für die Landeswahlkreise (Landesliste) werden vom jeweiligen Landesparteivorstand beschlossen, im Einvernehmen mit dem Bundesparteiobmann. Diesem kommt ein Vetorecht zu.
  • Die Aufstellung und Reihung der ÖVP-Kandidaten für den Bundeswahlkreis (Bundesliste) werden vom Bundesparteiobmann beschlossen.
  • Die Aufstellung und Reihung der ÖVP-Kandidaten für Wahlen zum Europäischen Parlament obliegt dem Bundesparteiobmann.
  • Die Kandidatenaufstellung soll so erfolgen, dass ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern in allen Gremien erreicht werden kann. Die Reihung auf den einzelnen Kandidatenlisten gemäß Z 1 und Z 4 hat nach dem Reißverschlusssystem zu erfolgen, also jeweils abwechselnd zwischen Frauen und Männern bzw. umgekehrt. Wird dieses Erfordernis bei der Erstellung von Kandidatenlisten für Nationalratswahlen im Falle der Z 1a und Z 1b nicht erfüllt, so geht das Recht zur Erstellung der Kandidatenliste auf das übergeordnete Organ (den Bundesparteivorstand) über. (APA, 1.7.2017)