Sebastian Kurz ist ab sofort auch offiziell gewählter Obmann der ÖVP.

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Kurz mit ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger.

Christian Fischer
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Linz – "Wer Österreich wirklich liebt, kann nicht zufrieden sein mit dem, wo wir heute stehen", war die zentrale Botschaft, mit der der neue ÖVP-Obmann Sebastian Kurz für eine politische Wende eingetreten ist. Auf dem Parteitag seiner Volkspartei warnte er davor, Dinge schönzureden – ohne dass er dabei politische Mitbewerber beschuldigte, daran schuld zu sein.

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Das sollten sich die Delegierten selbst dazudenken. Jetzt gehe es darum, Österreich wieder an die Spitze zurückzuführen, wo es schon einmal – vor gut 10 Jahren, in der Ära Schüssel – gewesen ist. Er rief eine "neue Kultur der Eigenverantwortlichkeit aus" – aber auch ein neues Verständnis dafür, dass Menschen, die einmal gescheitert sind, eine zweite Chance brauchen.

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Die ÖVP stehe für einen schlanken Staat mit geringer Staatsquote – eine Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung auf 40 Prozent ist das erklärte Ziel – und wenigen Regeln, die dann aber auch eingehalten werden müssten.

Viel Applaus gab es für die Medienschelte und die Kritik an Umfragen, die Kurz in der ersten Zeit sehr negativ beurteilt haben. Er habe sich angewöhnt, nicht alles zu lesen – und er wolle diese Gewohnheit auch nicht ändern, sagte Kurz. Er versuche einfach zu tun, was er für richtig hält.

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"Wir haben ab heute wegen Umbau geöffnet", sagte Generalsekretärin Elisabeth Köstinger vor der aus grau und türkis angestrichenen Containern gebauten Parteitagskulisse im Linzer Design Center. Gleich zu Beginn wurde der Leitantrag "Österreich kann mehr" ohne Diskussion einstimmig angenommen.

Dabei sagt auch Köstinger, dass "jede Veränderung Gegenwind" bedeutet. Aber dieser blieb auf dem Parteitag ausgeblendet.

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Von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (der zum Kurz-Stellvertreter gewählt wurde) gab es freundliche Worte für den "immer geerdeten" Kurz-Vorgänger Reinhold Mitterlehner aus dem Mühlviertel – der nahm es mit feuchten Augen auf. Dann wurde er von Köstinger ans Rednerpult gebeten. Er eröffnete mit dem Hinweis, dass er dabei sei, sich in die Gesellschaft zu resozialisieren. Seit Erhard Busek 1995 hat man von keinem scheidenden Parteiobmann mehr eine so humorvolle Rede gehört.

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Mitterlehners kurze Abschiedsrede war weit von Selbstmitleid entfernt, er attribuierte sämtliche Erfolge der ÖVP in den letzten Monaten der konsequenten gemeinsamen Parteiarbeit. Seiner Partei gab er eine Botschaft mit: Sie brauche mehr Gelassenheit, müsse sich mehr Zeit lassen, um die Früchte ihrer Arbeit auch reifen zu lassen.

Die Inszenierung war ganz darauf angelegt, Kurz als legitimen Nachfolger der großen Parteichefs darzustellen – etwa durch ein Interview mit Alois Mocks Witwe Edith, die berührend über ihren Abschied vom früheren Vizekanzler sprach und dann sagte, dass jetzt die Zeit der jungen Menschen ist. Kurz bedankte sich mit der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens an Frau Mock.

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Der Parteitag dankte es Kurz mit breiter Zustimmung (464 von 472 Stimmen) – auch für alle seine Stellvertreter gab es jeweils mehr als 98 Prozent Zustimmung. (Conrad Seidl, 1.7.2017)