Wien – Ein 23-jähriger Afghane, der am vergangenen Mittwoch in Wien-Favoriten wegen versuchten Mordes an seiner in der neunten Woche schwangeren Verlobten festgenommen wurde, ist am Samstag vom Landesgericht für Strafsachen auf freien Fuß gesetzt worden. Das teilte Gerichtssprecherin Christina Salzborn mit.

Dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Verhängung der U-Haft wurde vom Journalrichter nicht entsprochen – "mangels dringenden Verdachts", wie Salzborn erläuterte. Dem Mann wird vorgeworfen, am vergangenen Sonntag seine 17 Jahre alte Verlobte aus dem Fenster eines in Hernals gelegenen Gebäudes gestoßen zu haben.

Die entsprechenden Aussagen der Verletzten relativierten sich allerdings im Zuge der polizeilichen Ermittlungen. "Ihre Angaben waren widersprüchlich und decken sich nicht mit anderen Ermittlungsergebnissen", sagte Salzborn.

Möglicherweise fälschlicherweise belastet

Die 17-Jährige, die sich bei dem Sturz aus einem Gangfenster in einer Wohnhausanlage in der Lacknergasse in Wien-Hernals Prellungen und Verletzungen an der Wirbelsäule und an den Beinen zugezogen hatte, hat ihren Verlobten möglicherweise fälschlicherweise belastet. Fest steht, dass der 23-Jährige nach einem Streit mit der schwangeren Frau am Sonntagabend das Gebäude verlassen hat.

Möglicherweise sprang die 17-Jährige danach ohne fremdes Zutun aus einem im ersten Stock gelegenen Fenster – das soll sie jedenfalls einem Zeugen erklärt haben, der ihr unmittelbar danach zu Hilfe kam. Dafür, dass ihre Behauptung nicht stimmt, sie wäre aus dem zweiten Stock gestoßen worden, spricht der Auffindungsort ihrer Schuhe, die unter einem Fensterbrett im ersten Stock gefunden worden. Das Stiegenhaus im zweiten Stock war demgegenüber mit Kinderwagen und sonstigen Gegenständen "zugestellt".

Ein von der Polizei als Zeuge vernommener Nachbar erklärte wiederum, die 17-Jährige habe vorher schon ein Mal Anstalten gemacht, aus dem Fenster zu springen. Ein Mann habe sie im letzten Moment daran gehindert.

Ermittlungen werden fortgeführt

Ungeachtet der Enthaftung werden die Ermittlungen gegen den unter Mordverdacht geratenen Afghanen natürlich fortgeführt. Er bestreitet die ihm vorgeworfene Tat aufs Entschiedenste. Das junge Paar hat schon eine gemeinsame Tochter, die im August ein Jahr alt wird. Seit April ist das Baby in einer Krisenpflegefamilie untergebracht, nachdem das Paar wiederholt lautstarke und gewalttätige Konflikte vor dem Kind ausgetragen hatte.

Die 17-jährige Mutter wurde vom Jugendamt als "nicht paktfähig" beschrieben, zu Terminen war sie im Vorfeld lediglich sporadisch erschienen. Nachbarn hatten auch immer wieder von aggressiven Streitigkeiten der Eltern berichtet. Ein Problem waren auch mangelnde Hygiene und Ungepflegtheit des Babys. Das Jugendamt sucht nun eine langfristige Pflegefamilie für das knapp einjährige Mädchen. (APA, 1.7.2017)