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Tokios Gouverneurin Yuriko Koike wurde mit großer Mehrheit wiedergewählt. Viele sagen ihr landesweite Ambitionen nach.

Foto: Reuters/Kyodo

Bei der Wahl zum Kommunalparlament von Japans Hauptstadt hat die landesweit regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) von Premier Shinzo Abe eine schwere Niederlage erlitten. Die LDP stürzte von 57 Sitzen auf das Rekordtief von 23 ab. Stärkste Kraft mit 49 Mandaten wurde die im Vorjahr gegründete Partei "Tokioter Bürger zuerst" von Gouverneurin Yuriko Koike. Mit ihren Verbündeten kontrolliert die Koike-Partei fast zwei Drittel des Parlaments.

Abe räumte ein, nach fast fünf Jahren Amtszeit gebe es scharfe Kritik: "Es ist ein hartes Urteil, das nahelegt, dass die Wähler denken, die Regierung werde schwach." Das müsse man ernst nehmen. Die japanischen Medien interpretierten das Ergebnis als Votum gegen seine nationalkonservative Regierung. Viele Wähler straften Abe für die undurchsichtige Vergabe von zwei Immobilien zu Vorzugsbedingungen an Personen aus seinem Umfeld ab. Abe hat jede Verwicklung in die Affären bestritten, aber im Parlament fanden mehrere scharfe Debatten statt.

Seine nationalkonservative Regierung ist jedoch nicht unmittelbar bedroht. Die nächste Parlamentswahl muss erst im Dezember 2018 stattfinden. Die Demokratische Partei, die größte nationale Oppositionsgruppe, kam bei der Tokioter Kommunalwahl nur auf fünf Sitze. Abes Koalitionspartner, die buddhistische Komei-Partei, wird der LDP in der Nationalregierung weiter die Treue halten, obwohl sie sich bei der Tokioter Wahl mit der Wahlsiegerin Koike verbündet hat.

Morgenluft für Abe-Rivalen

Doch die Schlappe verringert die Chancen von Abe, seine Reform der pazifistischen Verfassung durchzusetzen. Dabei will Abe den militärischen Spielraum von Japan etwa gegenüber Nordkorea und China vergrößern.

Daher dürfte der Premier bald Kabinett und Parteiführung umbilden. Erstmals in seiner Amtszeit wittern jedoch innerparteiliche Rivalen Morgenluft. "Schadensbegrenzung ist jetzt entscheidend", forderte Abes derzeit schärfster Gegner und Exminister Shigeru Ishiba.

Doch japanische Medien spekulierten, auch Gouverneurin Koike könnte auf die nationale Bühne zurückkehren und die zersplitterte Opposition neu formieren. Zwar wiegelte die knapp 65-jährige Politikerin ab, sie wolle sich nun auf die Vorbereitung der Olympischen Spiele 2020 konzentrieren. Aber Koike hat den starken Ehrgeiz, Japans erste Premierministerin zu werden. Vor elf Jahren versuchte sie vergeblich, Vorsitzende der LDP zu werden. Bei der Gouverneurswahl in Tokio vor einem Jahr bootete sie ihre eigene Partei aus und gewann als unabhängige Kandidatin. (Martin Fritz aus Tokio, 3.7.2017)