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Beim G20-Gipfel in Hamburg treffen unter anderem Trump, Putin und Merkel aufeinander. Bereits im Vorfeld kam es zu Demonstrationen.

Foto: AP Photo/Matthias Schrader

Wien – Wladimir Putin sitzt alleine an einem Tisch und isst mit saurem Gesichtsausdruck eine Grillwurst. Zu den wenigen Bildern, die Beobachtern vom G20-Gipfel im australischen Brisbane im November 2014 in Erinnerung geblieben sind, zählt diese Szene vom Mittagessen am ersten Tag des Treffens. Putin war damals wegen des Konfliktes mit der Ukraine international völlig isoliert, was beim Essen symbolisch zum Ausdruck kam. Der Russe reiste noch vor dem Ende des Gipfels ab.

derStandard.at

Um ähnliche Spannungen beim G20-Treffen Ende dieser Woche in Hamburg zu vermeiden, wird es zu den wichtigen Aufgaben der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gehören, Bilder wie jene aus Brisbane zu vermeiden. Das sagt der G20-Experte Heribert Dieter von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zu den zentralen Aufgaben der G20-Runde gehöre es ja, einen Gesprächskanal selbst mit den schwierigsten Partnern aufrechtzuerhalten. Merkel dürfte also zu tun bekommen. Neben Putin reist mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein weiterer schwieriger Gast an.

Doch Politologen wie Dieter und Ökonomen sind sich einig: Die größte Herausforderung für Merkel wird es werden, gemeinsame Positionen mit US-Präsident Donald Trump zu finden. In Fragen der Handels- und Klimapolitik scheint eine Annäherung mit den USA derzeit aussichtslos zu sein. Während Europäer, Chinesen, aber auch Inder, Brasilianer, Japaner, Südkoreaner und Kanadier sich zum liberalen Handelsregime und dem Klimaschutzabkommen von Paris bekennen, ist das bei den USA nicht der Fall. Deshalb geht Dieter davon aus, dass die G20-Länder versuchen werden, die großen Konfliktthemen zu vermeiden und stattdessen eine Reihe von Nebenabsprachen zu treffen.

So ist angedacht, mit finanzieller Unterstützung der G20-Länder einen Weltbankfonds zur Frauenförderung aufzulegen. Bis zu eine Milliarde US-Dollar soll zusammenkommen. Mit dem Geld sollen Kredite für Unternehmerinnen in Schwellen- und Entwicklungsländern finanziert werden. Erwartet wird, dass die G20 eine stärkere Kooperation mit afrikanischen Staaten beschließen. Derzeit sitzt von dem Kontinent einzig Südafrika mit am Tisch. Die Afrikanische Union könnte einen permanenten Sitz bekommen. Auch beim Kampf gegen Korruption und Steuerflucht dürfte die Gruppe gemeinsame Positionen finden. Der Politologe Dieter dazu: "Es ist schon wichtig, selbst in schwierigen Zeiten gemeinsame Projekte zu starten. Aber für ein Programm zur Frauenförderung braucht es nicht die G20, das kann jedes Land allein machen." Sollten tatsächlich nur Nebenabsprachen getroffen werden, würde das die Bedeutung der G20-Runde schwächen. Die Gruppe hatte sich ja 2009 selbst zur zentralen Steuerungsgruppe für die Weltwirtschaft ernannt.

Der Chef des deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIW), Dirk Messner, geht einen Schritt weiter: Der Hamburger Gipfel sei für die G20 ein "existenzielles Treffen". In der Klima- und Wirtschaftspolitik müsse es darum gehen zu zeigen, dass die USA mit ihren Positionen isoliert sind. So sollen die übrigen 19 Länder gemeinsame Absprachen in den weltwirtschaftlich wesentlichen Dingen treffen. Gelingt das, wäre dies ein wesentlicher Erfolg, gelingt es nicht, werden die G20 obsolet, so Messner.

Alles werde davon abhängen, wie sich Staaten wie Saudi-Arabien und Russland verhalten, ob sie also die US-Position unterstützen oder nicht.

Ideen für den Gipfel

Ideen, worauf sich die G20 verständigen sollten, gibt es genug. Das DIW hat mit dem Kieler Institut für Weltwirtschaft über die vergangenen Monate eine Arbeitsgruppe geleitet, die zahlreiche Reformvorschläge erarbeitet hat. Think-Tanks aus allen G20-Ländern beteiligten sich an diesem Projekt. So werden zusätzlichen Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel verlangt, etwa indem die Entwicklungsbanken mehr Geld zur Förderung sauberer Energien aufwenden. Gefordert wird ein neuer Schwerpunkt zur Digitalisierung, etwa mit einem Frühwarnsystem bei Cyberattacken. Auch ein internationales Messsystem, um Ungleichheit in einzelnen Ländern besser vergleichen zu können, wird vorgeschlagen. Gefordert wird zudem eine Initiative, um Widersprüche in den staatlichen Regelwerken für Banken zu finden. Die Vorschläge der G20 wurden an die deutsche Regierung überreicht und sollen in Hamburg diskutiert werden. (András Szigetvari, 4.7.2017)