Aida Loos

Berufsbedingt war ich nun schon ein paar Jahre nicht mehr im Iran, davor habe ich aber jeden Sommer dort verbracht. Die vielen feinen Gerüche, die überall von einer heißen und trockenen Luft transportiert werden, habe ich noch immer in der Nase.

Eigentlich müsste mein Lieblingsplatz in Teheran sein, weil die Familie dort herkommt. Es ist eine schizophrene Stadt, die in alle Richtungen brodelt. Die Menschen haben Feuer, obwohl sie einem dogmatischen System unterliegen. Dort werden die wildesten Partys gefeiert, die ich je erlebt habe.

Chadschu-Brücke
Foto: Getty Images/iStockphoto/Nimaphotography

Aus einem besonderen Grund liegt mir ein Ort sehr am Herzen, der in Isfahan liegt: die Chadschu-Brücke. Meine Mutter hat seit langer Zeit ein Modell davon zu Hause stehen. Um es anfertigen zu lassen, hat sie extra einen persischen Architekten beauftragt. Also bin ich einmal hingefahren, um mir die Brücke anzusehen. Sie besitzt diese typischen orientalischen Bögen, die in der Nacht zauberhaft beleuchtet werden und sich im Wasser spiegeln. Wasser bedeutet für die Perser Leben und vor allem Bewegung.

Aida Loos ist Schauspielerin und Kabarettistin.
Foto: Mischa Nawrata

Nava Ebrahimi

Neun Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal im Iran war. Seit mein Buch erschienen ist, würde ich auch nicht mehr hinfahren. Es ist zwar nicht genuin politisch, aber ich war früher Journalistin. Da weiß man nie.

Mein Vater kommt aus Schiras. Dort besuche ich gern das Grab des Dichters und Mystikers Saadi. In derselben Stadt kann man das Mausoleum des Lyrikers Hafis besuchen, aber irgendwie gefällt mir die Gedenkstätte für Saadi besser. Vielleicht nur, weil dort weniger los ist. Beide haben den Charakter einer Pilgerstätte, weil Poesie einen hohen Stellenwert im Iran hat. Jeder Taxifahrer kann ein paar Zeilen.

Detail des Saadi-Grabmals in Schiras

Die Atmosphäre am Saadi-Grab ist eine sehr andächtige, es kommen auch viele Liebespaare hin. Manche besuchen den Ort, um zu sinnieren, andere um sich auszuruhen oder zu picknicken. Und der Ort hat etwas Verbindendes. Von Saadi stammen die Zeilen: Die Menschenkinder sind ja alle Brüder / Aus einem Stoff wie eines Leibes Glieder / Hat Krankheit nur einzig Glied erfasst / So bleibt anderen weder Ruh und Rast.

Von Nava Ebrahimi ist gerade der Roman "Sechzehn Wörter" im btb-Verlag erschienen.
Foto: Katrin Ohlenforst

Ali Rahimi

Ich bin geschäftlich sehr oft im Iran, bis zu neunmal im Jahr. Die Beziehungen zwischen Österreich und dem Iran sind sehr gute, und ich habe den Eindruck, man schätzt den hohen Bildungsgrad der Perser, die hier leben. Meine Mutter hat immer gesagt: "Was du im Kopf hast, kann dir niemand wegnehmen."

Eine Stele in Persepolis
Foto: Getty Images/iStockphoto/BornaMir

Die Iraner setzen sich permanent mit ihrer Geschichte auseinander. Man kann sie nicht unbedingt visuell erleben, aber an vielen Orten erspüren. Wenn ich zum Beispiel in der Wüste stehe und mir vor Augen führe, dass dort Alexander der Große durchgekommen ist – das allein inspiriert mich enorm. Aber ich muss mich korrigieren: In Persepolis lässt sich die Dichte der Geschichte bis heute optisch nachvollziehen.

Wenn ich in der altpersischen Residenzstadt vor den Palästen stehe, fühle ich mich mittendrin in den Ereignissen dieser Zeit. Da sehe ich vor mir, wie das alles aus der Wüste gestampft wurde und geniale Belüftungssysteme entstanden sind. Die haben damals einfach keine Klimaanlage gebraucht!

Ali Rahimi ist Teppichgroßhändler und Gesellschafter von Rahimi & Rahimi.
Foto: Tina Herzl Photography

Shahram Marandi

Im Alter von zehn Jahren bin ich mit meiner Familie nach Österreich ausgewandert, aber meine Erinnerungen an die Kindheit in Teheran sind lebhaft. Im Norden der Stadt gibt es einen Ort, der Darband heißt. Fast jeden Freitag um fünf Uhr in der Früh hat mich mein Vater aufgeweckt, es war noch dunkel, und wir sind dorthin gefahren.

Ein Ausflugsgasthaus in Darband im Norden Teherans
Foto: wikicommons/dynamosquito, Diego Delso

Es ist ein faszinierender Ort, weil Darband noch zu Teheran gehört, aber schon im Gebirge liegt. Auf halbem Weg dorthin hat man bereits die ersten Hähne krähen gehört. Wenn wir dort angekommen sind, haben wir erst einmal am Fluss in einer Raststätte gefrühstückt. Es war wie ein Familientreffen, mein Vater war dabei, meine zwei Onkel und meine beiden Cousins – keine Mädchen, denn die Wanderungen danach waren sehr anstrengend. Zur Belohnung sind wir am Ende der Tour in den Fluss gesprungen, um uns abzukühlen, das Wasser war eiskalt.

Heute gibt es am Fluss – eigentlich ist es nur mehr ein Bächlein – ein bekanntes Kebab-Restaurant. Das ist total hip geworden dort, aber damals kamen nur die Insider und Wanderer. (red, 4.7.2017)

Shahram Marandi betreibt das Restaurant Pars in Wien.
Foto: shahram marandi