Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner erwartet, "dass zu all diesen Vorschlägen positive Signale gesetzt werden".

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Grünen-Chefin Helga Krismer kritisiert das Paket als "Mogelpackung"

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St. Pölten – Die ÖVP Niederösterreich sei auf Wunsch ihrer Landeshauptfrau über ihren Schatten gesprungen – so ordnete Klaus Schneeberger, Klubobmann der Volkspartei im Landtag, das Demokratiepaket ein, das er mit Landeschefin Johanna Mikl-Leitner am Dienstag in St. Pölten vorstellte. Darin enthalten sind Reformen im parlamentarischen Prozess, die die kleinen Oppositionsparteien seit Jahren fordern: niedrigere Hürden für Anträge, U-Ausschuss und Rechnungshofprüfung als Minderheitenrecht, Transparenz in der Landesregierung.

Allen voran die Möglichkeit, mit der Untersützung von vier Abgeordneten Anträge zu stellen, ist von Bedeutung. Aktuell sind dafür sechs Abgeordnete notwendig, was immer wieder Grund für Kritik war. Denn FPÖ, Grüne und Liste Frank erreichen damit mit ihren vier Abgeordneten zwar Klubstärke, dürfen aber (jeweils allein) keine Anträge stellen. "Ich erwarte mir, dass zu all diesen Vorschlägen positive Signale gesetzt werden", sagt Mikl-Leitner.

Alles Minderheiten außer der ÖVP

Allerdings wurde diese Erwartung schon im Vorfeld enttäuscht – denn SPÖ und Grüne haben bereits angekündigt, dem Paket nicht zuzustimmen. Ihnen geht die Reform nicht weit genug, die Grünen kritisieren sie gar als "Mogelpackung zum Machterhalt". FPÖ und Liste Frank haben ihre Zustimmung signalisiert. Debatte und Abstimmung dazu sollen am Donnerstag im Landtag stattfinden.

Die Kritik am Paket kann Schneeberger nicht nachvollziehen, immerhin seien die Gespräche mit den Oppositionsparteien "sehr gut vonstattengegangen". Das sei "auch nicht schwer, denn alle anderen Parteien außer der ÖVP sind Minderheiten in diesem Landtag". Wolle man deren Rechte verstärken, "dann ist es ja leicht, deren Zustimmung zu bekommen". Das sei auch anfangs so gewesen, den Kurswechsel verstehe er nun nicht.

Bedingte Transparenz bei der Landesregierung

Denn die wesentlichen Forderungen der Grünen etwa seien erfüllt worden, argumentiert Schneeberger – etwa dass künftig ein Drittel der Abgeordneten einen U-Ausschuss oder eine Prüfung durch den Rechnungshof erreichen kann. Bisher verlangte das nach einer absoluten Mehrheit, ging also nicht ohne die ÖVP.

Ebenfalls Teil des ÖVP-Demokratiepakets ist ein transparenteres Gebaren der Landesregierung. Künftig sollen sämtliche Beschlüsse der Regierung nach deren Sitzung im Internet veröffentlicht werden, mit Ausnahme jener, "die mit Namen verbunden sind, um den Datenschutz zu gewährleisten", sagt Schneeberger. Die Geheimhaltung der Arbeit der Landesregierung war ja zuletzt Thema, als jahrelang Landesförderungen für die Erwin-Pröll-Privatstiftung nur durch einen Whistleblower und den "Falter" öffentlich wurden.

Grüne kritisieren neuen U-Ausschuss

Die niederösterreichischen Grünen finden es "dreist" von der ÖVP, ihren Vorschlag "Demokratiepaket" zu nennen. Sie fordern Klubstärke und Antragsrecht schon ab zwei Abgeordneten. "Dieses Mindestmaß an Minderheitenrechten hätte die ÖVP längst als absolut regierende Partei in Niederösterreich per Antrag realisieren können", sagt Grünen-Chefin Helga Krismer, die Volkspartei würde nun "etwas als großen Wurf abzufeiern, was noch immer schlechter geregelt ist als in anderen Bundesländern".

Zentraler Kritikpunkt der Grünen ist aber die neue Ausgestaltung von Untersuchungsausschüssen: Sie stoßen sich daran, dass – analog zu U-Ausschüssen im Bund – der Landtagspräsident den Vorsitz führt. Dieser könne, anders als im Nationalrat, den Ausschuss laut Schneebergers Vorschlag auch jederzeit abdrehen, lege Tagesordnung und Rednerliste fest und könne allein über einen Ausschluss der Öffentlichkeit bestimmen.

Bemerkenswert außerdem: Ein Abgeordneter darf nicht mehr als zwei Anträge auf einen Untersuchungsausschuss pro Legislaturperiode unterstützen. Laut Krismer hat Schneeberger "während der Verhandlungen getrickst, geschummelt und Wortbruch begangen. Die ÖVP wird sich daher in der Sitzung am Donnerstag nur mithilfe von FPÖ und der Liste Frank ihre Macht bestätigen und einzementieren lassen".

SPÖ schnürt eigenes Paket

Für SPÖ-Klubobmann Alfredo Rosenmaier ist eine Zustimmung zum Paket "keine Option, weil uns das ganz offiziell zu wenig ist". Die SPÖ will am Mittwoch mit Bürgermeistern und Funktionären ein eigenes Paket erarbeiten, "das wollen wir auch in den Sommermonaten durchdiskutiert wissen", sagt Rosenmaier zum STANDARD. Der rote Vorschlag werde "auf alle Fälle wesentlich umfassender sein als das, was von ÖVP, FPÖ und Teilen der Liste Frank beschlossen wird". (Sebastian Fellner, 4.7.2017)