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Bidi Bidi, die größte Siedlung von Flüchtlingen in Uganda.

Foto: AP/Ben Curtis

Kampala/Wien – So richtig friedlich ist es in der Demokratischen Republik Kongo schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Im Südsudan tobt ein Bürgerkrieg, Burundi fehlt es an Stabilität, und dann ist der "failed state" Somalia auch nicht so weit entfernt. Mittendrin in all dem Chaos liegt Uganda. Eine kleine Insel der Seligen, wenn man so will, denn das 39-Millionen-Einwohner-Land verfolgt eine Politik der offenen Grenzen und nimmt die von allen Seiten ins Land drängenden Flüchtlinge ohne Wenn und Aber auf. Diese Willkommenspolitik droht nun zu zerfallen, denn Uganda stößt langsam, aber doch an seine Grenzen.

In Europa wird gerade heftig diskutiert, wie man die Flüchtlingsbewegungen über das Mittelmeer stoppen kann. Italien rechnet heuer mit der Rekordzahl von 200.000 Ankünften. Knapp 4500 Kilometer südlich hat das keineswegs reiche Uganda bereits rund eine Million Flüchtlinge aufgenommen – und gehört damit weltweit zu jenen zehn Ländern, die bei der Flüchtlingsaufnahme am fleißigsten sind.

Anstatt sich abzuschotten, empfängt es die Schutzsuchenden mit offenen Armen. Sie werden bei ihrer Ankunft medizinisch untersucht, bekommen einen Identitätsausweis sowie freien Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildung. Auf dem Land erhalten sie ein Stück Grund und Baumaterial, um sich selbst eine Unterkunft zu bauen.

Neue Spitäler auch für Einheimische

Durch die Neuangekommenen wird mithilfe des Staates und von Hilfsorganisationen Infrastruktur geschaffen – wo zuvor nichts war, gibt es nun Supermärkte, Spitäler, Straßen, von denen auch die Einheimischen profitieren. In Städten dürfen Flüchtlinge arbeiten und Unternehmen gründen, sorgen so also selbst wieder für Jobs für Ugander.

Studien der Universität Oxford und des UN-Welternährungsprogramms (FAO) zufolge tragen Flüchtlinge einen signifikanten Anteil zur Wirtschaftsleistung Ugandas bei. Und dann gibt es auch historische Gründe für die Willkommenspolitik. Jene, die in den 1970er- und 1980er-Jahren unter den Diktatoren Idi Amin und Milton Obote zu leiden hatten, sitzen heute in der Regierung. Sie mussten damals in die Nachbarländer flüchten – deshalb gewähren sie den Schutzsuchenden heute Einlass in ihr Land. Das führt dazu, dass Uganda immer wieder als Vorzeigeland in Sachen Flüchtlingsintegration angegeben wird. Die Migrationsbehörde in Kampala empfängt regelmäßig Delegationen aus dem Ausland, die sich über das Modell informieren.

Keine Nahrung, kein Wasser

Doch das System in Uganda bekommt langsam Risse. Grund dafür sind südsudanesische Flüchtlinge, von denen zeitweise mehrere Tausend am Tag die Grenze passieren. Mittlerweile leben die Neuankömmlinge in katastrophalen Verhältnissen, monieren das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) und vor Ort tätige NGOs. Es fehle an Nahrung, an Wasser und an den Geldmitteln, um weiterhin notwendige Infrastruktur zu bauen. Zeitgleich wurde auch Kritik in Uganda laut. Stimmen aus der Bevölkerung monieren, dass Flüchtlinge besser unterstützt würden als Einheimische. Und die Opposition meint, dass man es sich nicht mehr leisten könne, noch mehr Menschen aufzunehmen.

Die Regierung will aber vorerst weiter an ihrer Politik der offenen Grenzen festhalten. "Wenn die internationale Gemeinschaft uns hilft, dann werden wir es schaffen", sagte der ugandische Präsident Yoweri Museveni Ende Juni bei einer internationalen Geberkonferenz in Kampala. Gehofft wurde auf 1,8 Milliarden Euro, um die Flüchtlingspolitik in Uganda fortzusetzen. Für die kommenden vier Jahre wird mit einem Bedarf von etwa sieben Milliarden Euro gerechnet. Herausgekommen sind schließlich Zusagen in Höhe von lediglich 320 Millionen Euro. Die EU sagte 85 Millionen Euro zu, Österreich will zwei Millionen Euro für Uganda beisteuern. (Kim Son Hoang, 6.7.2017)