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In Griechenland wird kräftig geschnitten. 2012 mussten die Gläubiger die Hälfte ihrer Forderungen in den Wind schreiben.

AP

Wien – Es war eine lange Gipfelnacht vor fünfeinhalb Jahren in Brüssel. Klar war, dass auch ein zweites Hilfsprogramm für Griechenland bei weitem nicht reichen würde, um die gewaltige Budgetlücke Athens zu füllen. Also mussten auch die privaten Gläubiger herhalten. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy bestätigte dann am frühen Morgen als Erster, worüber zwar längst spekuliert wurde, woran man aber nicht so recht glauben wollte: Banken und andere Investoren müssen auf 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten.

2012 ging diese Umschuldung ziemlich problemlos über die Bühne, nachdem die großen Banken ihre Teilnahme an dem Programm zugesichert hatten. Doch nicht alle wollten den Kapitalverlust so einfach hinnehmen. Zahlreiche Klagen laufen quer durch Europa. Besonders weit gediehen: ein Verfahren in Wien. Hier haben Gläubiger nun eine Vorlage des Prozesses an den Europäischen Gerichtshof erwirkt. Auf Basis des österreichischen Begehrs könnten die Luxemburger Richter somit eine weitreichende Entscheidung mit Folgewirkungen treffen. Allerdings wird bis dahin noch einige Zeit vergehen. Der EuGH dürfte mindestens eineinhalb Jahre für die Erledigung der Angelegenheit benötigen.

Seit fünf Jahren prozessiert

Der Anwalt Michael Brand, der nach eigenen Angaben 20 bis 25 Verfahren für private und institutionelle Anleger führt, prozessiert schon seit fünf Jahren. Jetzt geht es erst einmal um die Frage, ob österreichische Gerichte zuständig sind. Der Oberste Gerichtshof hat den Fall dem EuGH vorgelegt.

Griechenland hat bisher den Standpunkt vertreten, dass zwischen dem Staat als Anleihenemittent und den Gläubigern überhaupt kein Rechtsverhältnis bestehe. Die Staatsanleihen unterlägen griechischem Recht, und Gläubiger seien die Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank, zu denen die Kläger nicht gehörten. Griechenland habe seine vertraglichen Pflichten gegenüber den Gläubigern in Athen zu erfüllen.

Wien als Erfüllungsort

Die Kläger halten dem entgegen, dass Athen die Zinsen bis zum Zeitpunkt der Konvertierung stets auf das Konto des Investors überwiesen habe. Somit sei Wien auch der Erfüllungsort und damit Gerichtsstand. Zuvor hatte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien seine internationale Zuständigkeit verneint, das Oberlandesgericht Wien bejahte sie.

In einem anderen Verfahren hat der EuGH im Oktober 2015 eine Klage von über 200 italienischen Inhabern von Hellas-Bonds abgewiesen. Diese sahen sich durch das Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) in ihren Rechten als Gläubiger beeinträchtigt. Die Kläger forderten insgesamt mehr als zwölf Mio. Euro Schadenersatz. Sie hatten argumentiert, dass sie bei dem Schuldenschnitt stärker bluten mussten, weil sich die EZB nicht daran beteiligt habe. Der Europäische Gerichtshof folgte der Argumentation allerdings nicht. (red)

In Griechenland wird recht großzügig geschnitten. 2012 mussten die Gläubiger 50 Prozent ihrer Forderungen oder 100 Milliarden Euro in den Wind schreiben. In Fasson gebracht wurden die griechischen Finanzen damit aber immer noch nicht. Inzwischen musste ein neues Hilfsprogramm her. (red, 6.7.2017)