Tallinn/Brüssel – Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat vor einem Treffen der EU-Innenminister in Tallinn den deutsch-französisch-italienischen Plan zur Kontrolle der Mittelmeerroute "vollkommen inhaltlich" unterstützt. Die Mittelmeerroute "muss endlich zu sein", sagte Sobotka am Donnerstag vor dem Treffen. Die EU-Schritte würden in diese Richtung gehen.

Dabei sprach sich Sobotka gegen ein neues EU-Programm zur Umverteilung (Relocation) von Flüchtlingen aus Italien aus. "Wir sind rechtstreu, was bisher unterschrieben wurde, aber für eine neue Relocation-Struktur haben wir kein Verständnis, weil es ganz einfach ein Anziehungsfaktor ist. Und Italien tut sich auch damit nichts gutes, wenn man hier eine neue Umverteilung vornimmt in dieser Form. Zuerst muss der erste Schritt getan werden: Es müssen die Außengrenzen sicher sein", sagte er.

Asselborn: "Mit Panzern keine Lösung finden"

Zuvor hatte der luxemburgische Außen- und Integrationsminister Jean Asselborn Kritik an der Forderung von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) geübt, die Mittelmeerroute zu schließen, ebenso wie an den österreichischen Vorbereitungen für eine mögliche Grenzschließung am Brenner.

"Mir graut vor Aussagen wie : Wir müssen die Mittelmeerroute schließen", sagte Asselborn. "Wir werden auch keine Lösung finden mit Panzern an den Grenzen und mit Hunderten von Soldaten. Das zeugt nicht gerade von europäischer Solidarität", sagte Asselborn. Die EU-Staaten müssten Italien unterstützen und europäisch an die Sache herangehen.

"Was Österreich getan hat zur Vorbereitung allfälliger Grenzkontrollen, wenn die Sache es erfordert, ist eine Sache, die Österreich zu entscheiden hat und bedarf keines Kommentars eines anderen", antwortete Sobotka auf die Aussagen von Asselborn. Man habe sich mit Italien ausgetauscht, die Lage sei stabil.

In Hinblick auf die Mittelmeerroute, irre Asselborn. "Man kann auch eine Meeresgrenze dicht machen, wie man das in anderen Ländern sieht. Aber hier geht es vor allem um Maßnahmen an der libyschen Südgrenze, denn wenn die Leute einmal im Norden Libyens stehen, wird es natürlich schwieriger", so Sobotka. Es gehe auch um den Ausbau der libyschen Küstenwache durch die EU.

Sobotka: Schleppern die Stirn bieten

In Hinblick auf Libyen können man nicht von einem Chaos sprechen, doch gebe es keine staatliche Autorität im ganzen Land. Es gebe aber immer mehr Anzeichen dafür, dass sich die libysche Regierung beim Grenzschutz auf einem guten Weg befinde, sagte Sobotka. "Ohne Libyen, ohne den nordafrikanischen Raum ist das nicht zu handeln.

Immer mehr hereinzulassen und mehr Tote damit zu riskieren, das ist der unmenschlichste aller Wege", kritisierte der Innenminister. Die Schlepperei sei eines der verdammungswürdigsten Verbrechen. "Wenn die Europäische Union nicht in der Lage ist, dem wirklich ganz klar die Stirn zu bieten, dann weiß ich nicht, was das Menschenrecht eigentlich wert ist. Und daran soll sich auch der luxemburgische Innenminister halten."

Österreich unterstütze auch den Verhaltenskodex für NGOs, die im Mittelmeer Menschen retten, damit klar sei, dass diese Organisationen sauber arbeiten würden. Ob andere Länder anstelle von Italien ihre Häfen für Migranten der Mittelmeerroute öffnen, müssten sich die Anrainerstaaten untereinander ausmachen, sagte Sobotka. Er wünsche sich eine Registrierung von Flüchtlingen außerhalb Europas oder auf einer Insel. "Nur zu sagen: Wir nehmen auf, ist mit Sicherheit kein Weg." (APA, 6.7.2017)