Korallenriffe gelten als Diversitäts-Hotspots – doch die Artenvielfalt schwindet bereits heute. Lässt sich die Versauerung nicht stoppen, blicken die Ozeane einer monotonen Zukunft entgegen.

Foto: APA / AFP / Richard Brooks

Adelaide/Wien – Die globale Klimaerwärmung hat eine mindestens ebenso unwillkommene Schwester: die Ozeanversauerung. Sie ist die unmittelbare Konsequenz jener rund 36 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, die derzeit jährlich in die Atmosphäre geblasen werden. Einen guten Teil davon schlucken zwar die Meere, doch das senkt allmählich ihren durchschnittlichen pH-Wert und sie versauern – oder vielmehr: Sie werden weniger basisch.

Für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ist das eine Katastrophe: Vor allem Korallen, schalentragende Lebewesen und das Plankton bekommen die Auswirkungen jetzt schon zu spüren. Das saurer werdende Wasser erschwert ihre Biomineralisation, was zum Rückgang von Korallenriffen und zu dünnwandigen Schneckenhäusern führt. Was das für den Lebensraum Ozean insgesamt in der Zukunft bedeuten könnte, ist ungewiss. Einige Studien kamen jedoch zu dem Schluss, dass in weiterer Folge die Artenvielfalt unter den Fischen zurückgehen dürfte.

Monotone Meere

Australische Wissenschafter haben diese Annahme nun untermauert und ein vergleichsweise eintöniges Bild von den künftigen Ozeanen gezeichnet. Um herauszufinden, was ein reduzierter pH-Wert mit einem ganzen Ökosystem anrichten kann, hat sich das Team um Ivan Nagelkerken von der University of Adelaide einer Meeresregion mit unterseeischer Vulkanaktivität zugewandt.

Die Biologen beobachteten drei Jahre lang die Lebensgemeinschaften in flachen Gewässern, in deren Nähe kleine Vulkanschlote fortlaufend CO2 ausstoßen. Dabei entstehen lokal pH-Bedingungen, die den prognostizierten Werten am Ende dieses Jahrhunderts gleichen. Die im Fachblatt "Current Biology" vorgestellten Ergebnisse waren wenig ermutigend: Es zeigte sich, dass unter den veränderten Umständen zwar die Gesamtzahl der Fische anwächst, die Artenvielfalt im Gegenzug aber dramatisch schrumpft.

Video: Die Animation fasst zusammen, wie die ozeanische Versauerung marine Ökosysteme verarmen lässt.
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Ratten und Kakerlaken

Konkret wich der ursprüngliche Tang, sogenanntes Kelp, ausgedehnten Seegraswiesen. Mit ihm verschwanden auch die mittelgroßen Raubfische. Frei vom Jagddruck florierten daraufhin ein bis zwei kleine aggressive Fischspezies, während weniger dominante Gattungen gänzlich aus dem Bild verschwanden. "Das Resultat ist, dass wir es mit einer großen Zunahme von Arten zu tun bekommen könnten, die wir als marines Äquivalent zu Ratten und Kakerlaken bezeichnen würden", meint Nagelkerken.

Ob man diesen drohenden Diversitätsverlust wird aufhalten können, bleibt fraglich. Zumindest verzögern ließe er sich aber, wenn man die Überfischung von mittelgroßen Raubfischen unterbindet, so der Forscher. (Thomas Bergmayr, 6.7.2017)