Die Hauer der Bärenpavianmännchen können vier Zentimeter lang werden.
Foto: Alecia Carter

Toulouse – Männliche Bärenpaviane setzen auf eine längerfristig angelegte Taktik der sexuellen Einschüchterung, um ihren Fortpflanzungserfolg zu erhöhen: Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie, die im Fachblatt "Current Biology" veröffentlicht wurde, nach mehrjährigen Beobachtungen.

Bärenpaviane (Papio ursinus) leben im Süden Afrikas und sind die größte aller Pavianarten: Männchen können 30 Kilogramm schwer werden, die Weibchen sind bedeutend zierlicher gebaut. Sie leben in zumeist gemischtgeschlechtlichen Gruppen, die nachts eng zusammen bleiben und sich tagsüber zur Futtersuche verteilen. Die Position des dominanten Männchens ist laufend umkämpft – die Hierarchie der Weibchen hingegen ist Beobachtungen zufolge erblich bedingt und relativ stabil.

Langzeitstudie

Ein Team um die Biologin Alice Baniel vom Institute for Advanced Study in Toulouse hatte über vier Jahre zwei Gruppen von Bärenpavianen im Tsaobis Nature Park in Namibia beobachtet. Konkret analysierten die Forscher die aggressiven Handlungen der Pavianmännchen gegenüber den Weibchen und das Paarungsverhalten innerhalb der Gruppen.

Ein Männchen drangsaliert ein Weibchen.
Foto: Alecia Carter

Das Ergebnis: Fruchtbare Weibchen wurden wesentlich öfter zum Ziel männlicher Aggressionen als ihre trächtigen oder stillenden Artgenossinnen. Tatsächlich gingen die meisten Verletzungen von Pavianweibchen auf Angriffe von Männchen zurück. Diese wiederum paarten sich mit größerer Wahrscheinlichkeit mit einem bestimmten Weibchen rund um deren Eisprung, wenn sie sich diesem gegenüber vorher aggressiv gezeigt hatten.

Besonders aggressive Männchen wurden von fruchtbaren Weibchen allerdings nicht bevorzugt. Zudem bedrängten die Männchen die Weibchen nicht direkt zur Paarung und griffen sie auch nicht kurz danach an. Vielmehr attackierten und jagten sie die Weibchen regelmäßig in den Wochen vor deren Eisprung. So erhöhten sie die Chance, zum Zeitpunkt des Eisprungs alleinigen Zugang zu den Weibchen zu haben. Ein derartiges Verhalten, so die Wissenschafter, könne als "eine Form langfristiger sexueller Einschüchterung" gesehen werden.

Offene Fragen

Für Julia Fischer, Primatenforscherin am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen, ist das Ergebnis der Studie keine Überraschung: "Bärenpaviane sind als besonders aggressiv bekannt, weswegen ich sie auch als 'Rocker' oder 'Bandidos' der Paviane bezeichne." Sie sieht nach der Studie jedoch einige Fragen weiterhin offen. So sei etwa der Einfluss von Nähe nicht geklärt: "Sind die Pavianmännchen aggressiver, weil es ihnen einen Vorteil verschafft oder weil sie in der Paarungszeit einfach häufiger zusammen sind?"

Ein paarungsbereites Weibchen präsentiert sich einem Männchen.
Foto: Alice Baniel

Auch eine vergleichende Analyse mit anderen Pavianarten würde sich lohnen. Zudem bliebe die Frage nach dem "Warum" ungeklärt: Bedeute das aggressive Verhalten gegen Weibchen tatsächlich einen evolutionären Vorteil? Oder handelt es sich vielmehr um einen antagonistischen Effekt, bei dem sich die Aggressivität, mit der sich Männchen gegen andere Männchen durchsetzen, als Nebenprodukt auch gegen die Weibchen richte? Und letztlich sei auch nicht geklärt, ob die aggressiveren Männchen auch mehr Nachwuchs zeugten: "Um das herauszufinden, müsste man Babys zählen", sagt Fischer.

Vergleich zu Schimpansen

Eine ähnliche sexuelle Nötigungsstrategie hatten Forscher der Duke Universität 2014 bei Schimpansen beobachtet: Aggressive Schimpansenmännchen, die Weibchen permanent und auch außerhalb der paarungsbereiten Phasen schikanierten, zeugten deutlich mehr Nachwuchs als ihre friedlicheren Artgenossen. Die Forscher schlossen damals, dass sexuelle Nötigung eine Anpassungsstrategie bei sozialen Säugetieren sein könne. (APA, red, 7. 7. 2017)