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Foto: Reuters/Bimmer

Wer hat angefangen? Einer aus dem "schwarzen Block", der eine Bierflasche warf? Oder ein Polizist, der bei der "Welcome to Hell"-Demo in Hamburg einem Demonstranten zu nahe kam? Man wird die Frage nicht klären können, letztendlich ist es auch egal.

Verheerend sind die Bilder, die von Hamburg aus um die Welt gehen, auch ohne Klärung der Schuldfrage: brennende Autos, Wasserwerfer, Chaos. So hat sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ihren ersten G20-Gipfel sicher nicht vorgestellt. Da war es beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau vor zwei Jahren friedlicher. Aber damals hieß der US-Präsident auch noch Barack Obama.

Ton ist rauer geworden

Nicht dass ein Donald Trump, wie unmöglich er sich auch benehmen mag, die Legitimation für Gewaltausbrüche sein darf. Aber es spiegelt sich in diesen Protesten außerhalb des Tagungszentrums natürlich auch die Lage innerhalb wider: Der Ton ist sehr viel rauer geworden. So mancher ist – drinnen wie draußen – bloß noch auf seine Interessen bedacht.

Wobei Krachmachen und Randale bei vielen aus dem "schwarzen Block" halt dazugehören – egal, worum oder gegen wen es geht. Zur Not haut man einfach nur noch gegen die staatliche Ordnung in Person "böser Polizisten".

Aber das ist eigentlich bekannt. Man kann und soll niemandem das Demonstrationsrecht absprechen. Doch eines ist angesichts der vielen leidvollen Erfahrungen, die man schon gemacht hat, nicht nachvollziehbar: warum die Hamburger Polizei trotz monatelanger Vorbereitung es zu einer solchen Eskalation kommen lassen konnte – oder wollte.

Der "schwarze Block" – es war zum Staunen – konnte tatsächlich vermummt losziehen. Erst an einer engen Stelle, in einem wahren Hexenkessel, kam die Polizei drauf, dass das viele Schwarz den Auflagen der Demo widersprach. Das war reichlich spät.

Protest gegen den Gipfel ist legitim

Jetzt redet alle Welt von den Chaoten. Dabei geht unter, dass es abgesehen von diesen noch eine sehr große Menge von Demonstranten gibt, die auf Missstände aufmerksam machen und etwas ändern wollen. Denn der Protest gegen den Gipfel, gegen das ganze G20-Format ist legitim.

Natürlich müssen die Staats- und Regierungschefs der größten Industrie- und Schwellenländer gelegentlich miteinander persönlich sprechen. Aber die Frage, ob diese 20 großen Staaten tatsächlich für die Weltbevölkerung sprechen können, ist ebenso berechtigt wie der Hinweis, dass es ja auch die Vereinten Nationen gäbe und dass die G20 sich über die Köpfe und Interessen so vieler ärmerer Länder hinwegsetzt.

Es ist richtig, dass der Protest von den Bürgerinnen und Bürgern kommen muss. Nur ihr Druck kann, abgesehen von wirtschaftlichen Nachteilen für ein Land, die Meinung von Mächtigen ändern. Protest muss laut und vielfältig sein, darf aber nicht des Randalierens wegen stattfinden.

Und so müssten all die friedlichen Demonstranten nach diesem G20-Gipfel in Hamburg erkennen: So geht es nicht weiter, auch bei uns liegt eine Verantwortung. Wenn wir mit unseren Anliegen gehört und ernst genommen werden wollen, dann muss Gegenwehr künftig anders aussehen.

Es soll natürlich weiterhin Aufgabe der Polizei sein, Chaoten in Schach zu halten. Aber friedliche Demonstranten müssen sich viel deutlicher von denen distanzieren, die der guten Sache einen schlechten Dienst erweisen. (Birgit Baumann, 7.7.2017)