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Auch in der dritten Nacht kam es in Hamburg zu gewalttätigen Ausschreitungen.

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Der deutsche Innenminister wies Kritik an der Polizei zurück.

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Hamburg – Auch nach dem Ende des G-20-Gipfels ist es in Hamburg erneut zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. In der Nacht zum Sonntag setzte die Polizei Wasserwerfer, Pfefferspray und Tränengas ein, um Sitzblockaden im Schanzenviertel aufzulösen. Randalierer warfen Flaschen, Steine oder Böller und rannten vor den Einsatzkräften weg. Die Polizei meldete mehrere Festnahmen.

Auf der Straße wurde wieder Müll zusammengetragen und angezündet. Mehrere Vermummte warfen Flaschen auf Häuser, aus denen ihnen "Haut ab" entgegengerufen wurde. Schwer bewaffnete Spezialeinsatzkräfte der Polizei zogen zeitweise am Rande des Schanzenviertels auf, griffen aber nicht ins Geschehen ein.

In der Nacht auf Samstag war es im Schanzenviertel zu schweren Krawallen und Plünderungen von Geschäften gekommen. Die Randalierer hatten zunächst mehrere Stunden lang freie Hand, bis die Polizei mit einem massiven Aufgebot samt Spezialeinsatzkräften einrückte.

Polizei griff früh durch

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere verteidigte die Vorgehensweise der Polizei. "Bei diesem Ausmaß an völlig enthemmter Gewalt, die nur darauf gerichtet ist, willkürlich möglichst große Schäden auch bei völlig unbeteiligten Bürgern zu verursachen, kann trotz aller Konsequenz und auch bei bester Vorbereitung nicht jede Ausschreitung erfolgreich sofort unterbunden werden", sagte er der "Bild am Sonntag". Man habe erst "robuste Kräfte heranführen" müssen.

Jetzt, in der dritten Nacht der gewalttätigen Proteste, griff die Polizei frühzeitig durch. "Unbeteiligte sollten sich unbedingt aus dem Bereich entfernen", warnte sie. Die Räumung der Straßen im Schanzenviertel wurde mit Angriffen auf Einsatzkräfte begründet. Zudem seien bei einer Sparkassen-Filiale Fenster zu Bruch gegangen. Der S-Bahn-Verkehr in der Innenstadt war erneut zeitweilig gestört, dann wurden alle Sperrungen aufgehoben.

Im Schanzenviertel hatten sich am Samstagabend wieder mehrere hundert Menschen versammelt. Die Polizei sprach von etwa 600 Personen, die sich auf dem Neuen Pferdemarkt und in der Straße Schulterblatt aufhielten, wo es am Vorabend zu den Krawallen gekommen war.

144 Personen festgenommen

Die Polizei erklärte in der Nacht auf Sonntag, seit Beginn der Proteste gegen den G-20-Gipfel in Hamburg seien 144 Personen festgenommen und 144 weitere in Gewahrsam genommen worden.

In der Gefangensammelstelle in Hamburg-Harburg befanden sich nach Angaben der Rechtsanwältin Gabriele Heinecke am Samstagabend 290 Personen. Sie kritisierte, dass es massive Probleme gebe, ihnen die Nummer des anwaltlichen Notdienstes zu geben. "Stattdessen werden Telefonbücher hingelegt mit der Aufforderung, sich einen Anwalt herauszusuchen." Im Wesentlichen seien die Anträge auf Haftbefehle von den Gerichten zurückgewiesen worden, dafür sei Gewahrsam bis Sonntag zwischen 15.00 und 18.00 Uhr ausgesprochen worden, sagte sie.

Gabriel warnt vor Imageverlust

Die Diskussion um Hamburg als Austragungsort des G-20-Gipfels ging unterdessen weiter. "Aus unserer Sicht eine Fehlentscheidung, die von Anfang an umstritten war", erklärte die Gewerkschaft der Polizei Bayern am Samstagabend. Mit dem Ausmaß an Hass und Gewalt habe niemand gerechnet: "Unsere Einsatzkräfte, auch aus Bayern, mussten um Leib und Leben fürchten." Unter anderem de Maiziere hatte zuvor die Kritik an der Auswahl Hamburgs zurückgewiesen: "Es können nicht Demonstranten bestimmen, wohin die Bundeskanzlerin Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt einlädt."

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel warnte, dass die Hamburger Krawalle dem Ansehen des Landes in der Welt schaden. "Deutschlands Bild in der internationalen Öffentlichkeit wird durch die Ereignisse in Hamburg schwer in Mitleidenschaft gezogen", schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag in der "Bild am Sonntag". Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist am Sonntag nach Hamburg, um sich über die Lage in der Hansestadt zu informieren. (APA, dpa, 9.7.2017)