In manchen "besseren Gegenden" Deutschlands sehen viele Eltern davon ab, ihre Kinder gegen bestimmte Erkrankungen impfen zu lassen.

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Der deutsche Versorgungsatlas ist eine Einrichtung des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung, die regelmäßig Informationen bezüglich der medizinischen Versorgungslage in Deutschland veröffentlicht. Eine aktuelle Erhebung dort ansässiger Wissenschafter weist auf einen Zusammenhang zwischen hohem sozioökonomischem Status der Wohnbevölkerung in manchen Gegenden und einer dort besonders verbreiteten Impfskepsis hin. So ziehe sich durch den Süden von Bayern und Baden-Württemberg eine zusammenhänge Region, in der die Impfskepsis besonders ausgeprägt sei, schreiben die Wissenschafter.

In diesen Landesteilen leben im Schnitt besonders viele wohlhabende Eltern, die ihre Kinder gegen bestimmte Erkrankungen nicht impfen lassen. So sind hier besonders wenige Kinder gegen Masern und die Erreger von Hirnhautentzündungen (Meningokokken-C) geimpft und damit schlechter geschützt als Kinder im Rest von Deutschland. Konkret erhalten etwa in manchen bayerischen Landkreisen nur 36 bis 42 Prozent der Kinder die erforderlichen zwei Impfungen gegen Masern im empfohlenen Zeitraum.

Hohes Einkommen, niedrige Impfquote

"In Regionen mit hohem Haushaltseinkommen, geringer Arbeitslosenquote und geringer gesundheitlicher Belastung liegt die Impfquote niedriger", schreiben die Forscher. Das bestätige eine in anderen Untersuchungen nachgewiesene negative Einstellung von Eltern und Ärzten gegenüber Impfungen etwa in Südbayern.

Offenbar habe gerade in bessergestellten sozialen Milieus die individuelle Auseinandersetzung mit der Impfung des Kindes eine hohe Bedeutung, so die Wissenschafter. "Warum dies aber eher zu einer impfkritischen Haltung als zur Befolgung der Impfempfehlungen führt, sollte zur Verbesserung des Impfschutzes in diesen Regionen genauer analysiert werden."

Ist die Mutter entscheidend?

Bereits 2013 hatte eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung den Zusammenhang zwischen hohem sozioökonomischem Status und einer geringeren Bereitschaft, Impfungen durchführen zu lassen, bestätigt. Die Forscher identifizierten damals den Bildungsgrad der Mütter als den entscheidenden Faktor für die Impfentscheidung. So sinke die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder die empfohlenen Impfungen erhalten, mit der Quote hochqualifizierter Frauen in einer Region.

Auch regional unterschiedlich stark vertretene impfkritische Ärzte, Heilpraktiker, Homöopathen und Hebammen sowie impfkritische Artikel in regionalen Gratiszeitungen dürften laut der Studie von 2013 die bei bessergestellten Familien verbreitete Haltung bezüglich Impfungen beeinflussen. Auch die Weltgesundheitsorganisation verweist immer wieder auf Studien, wonach besser ausgebildete Menschen in den Industrieländern eher zu Impfskepsis neigen.

Masern: Empfohlene Impfrate weit verfehlt

Die WHO empfiehlt etwa bei Masern eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent. Nur so sei ein ausreichender Herdenschutz für immungeschwächte und aus gesundheitlichen Gründen nichtgeimpfte Menschen oder noch ungeimpfte Babys gegeben. In Deutschland, aber auch in Österreich sind allerdings einige Gegenden von der empfohlenen Durchimpfungsrate weit entfernt. In Österreich liegt die Rate aktuell bei 80 bis 85 Prozent, in manchen Regionen sogar darunter.

Besonders dort, wo die Impfquoten niedrig sind, können sich die Masern rasant ausbreiten. Als Folge haben zuletzt auch hierzulande Masernerkrankungen wieder zugenommen. Erst am Dienstag berichtete die WHO von europaweit 35 Maserntoten in den vergangenen zwölf Monaten. Der neueste Fall sei ein sechs Jahre alter Bub in Italien, wo es bereits seit Juni vergangenen Jahres 3.300 Masernfälle gegeben habe. Bei Masern handelt es sich um ein höchstinfektiöses Virus, das in einem von 1.000 Fällen tödlich ist. (lima, 12.7.2017)