Efgani Dönmez (links), nun Kandidat auf der Liste von Sebastian Kurz, den er einst so heftig angegriffen hatte.

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Wien – "Jede Religion raus aus der Schule": Das ist keine Forderung, die üblicherweise von Politikern zu hören ist, die für die ÖVP kandidieren. Kein Wunder also, dass Efgani Dönmez, jüngster "Quereinsteiger" auf der Liste von Sebastian Kurz für die Nationalratswahl, um Abgrenzung zu seiner Forderung auf Twitter bemüht war: "Das ist eine private, persönliche Meinung von mir."

Er habe es auch schon "vor längerer Zeit" gepostet, bevor er selbst wusste, dass er auf Kurz' Liste kandidiere, sagte Dönmez im Ö1-"Morgenjournal" am Dienstag. Der Tweet stammt vom Mittwoch der Vorwoche, am Freitag präsentierte Kurz den ehemaligen Bundesrat der Grünen als ÖVP-Kandidat.

Dialogzentrum "blanker Humbug"

Es dürfte nicht die einzige Position sein, bei der sich der streitbare Oberösterreicher entweder zurückhalten oder sich in seiner neuen politischen Heimat unbeliebt machen könnte. Da wird es noch das geringste Problem sein, dass Dönmez dem jetzigen ÖVP-Chef bei dessen Antritt als Integrationsstaatssekretär im Jahr 2011 "nicht vorhandene Kompetenz und Erfahrung" attestierte. Dass Kurz beides mittlerweile erlangt habe, könnte Dönmez wohl argumentieren – für den STANDARD war er nicht erreichbar.

Heikler könnte es beim von Saudi-Arabien finanzierten König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) werden: Dass die ÖVP die Einrichtung des Instituts samt diplomatischer Sonderrechte unterstützte, sei "blanker Humbug", kritisierte der damalige Bundesrat 2011. Das KAICIID ist vor allem wegen der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien hochumstritten.

Fastenbrechen mit "islamistischen" Verbänden

Das größte Konfliktpotenzial aber dürfte in der Beziehung des Außen- und Integrationsministers zu Vertretern muslimischer Vereine liegen: Noch 2014 attackierte Dönmez in einem Text auf seiner Website die ÖVP und Kurz persönlich, weil "Ableger" der nationalkonservativen türkischen Partei AKP wie die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) von der Volkspartei "salonfähig gemacht und hofiert" würden". Etwa beim muslimischen Fastenbrechen, das Kurz selbst organisierte oder als Gast der Islamischen Glaubensgemeinschaft besucht hatte. Der Minister bewege sich dabei im "Umfeld der reaktionär-islamistischen" Verbände wie Milli Görüs, Muslimbruderschaft und "Graue Wölfe".

Bei der Volkspartei beteuert man, Dönmez vertrete in Sachen Religionsunterricht "eins zu eins" die Parteilinie – freilich nicht mit dem kritischen Tweet, sondern mit der diesem widersprechenden Erklärung danach, dass Ethikunterricht als Alternative zum Religionsunterricht verpflichtend sein sollte. Die UETD sehe man selbst kritisch, Dönmez sei Kurz' Experte in diesen Fragen – und man höre auf ihn.

Angesprochen auf mögliche Konflikte mit der VP-Linie beteuerte Dönmez im "Morgenjournal", ihm sei es "wichtig, dass wir Werte und Haltungen vertreten, die das Gemeinsame vor das Trennende stellen, und ich werde diese Haltungen in der Politik leben wie bisher." Zumindest im Bereich der politischen Phrasen hat sich Dönmez schon mit seiner neuen Partei abgestimmt. (Sebastian Fellner, 11.7.2017)