Vor Tagen hatte es die ersten Meldungen gegeben, nun hat es Siemens offiziell bestätigt: Zwei Gasturbinensätze wurden "gegen unseren Willen auf die Krim verbracht", teilte der Münchner Technologiekonzern mit. Die Turbinen seien für ein Stromprojekt in der südrussischen Region Krasnodar gedacht gewesen, fügte das Unternehmen in seiner Pressemitteilung hinzu. Die Krim, 2014 nach einem umstrittenen Referendum völkerrechtswidrig von Russland annektiert, kämpft seit Jahren mit massiven Energieproblemen. Die Stromversorgung funktionierte vorher über den ukrainischen Festlandzugang, doch nach der Abtrennung der Halbinsel haben ukrainische Nationalisten Hochspannungsmasten gesprengt und die wichtige Verbindung gekappt.

Mit vier Stromleitungen über die Meerenge von Kertsch hat Russland die Energieblockade notdürftig behoben, allerdings wollte die Regierung zur besseren Stromversorgung bis 2018 selbst Kraftwerke auf der Halbinsel installieren. Erschwert wurde die Aufgabe durch die Sanktionen, die westlichen Unternehmen den Verkauf von Anlagen und Gerät auf die Krim untersagen.

Partner für immer

Der Russland-Chef von Siemens, Dietrich Möller, hatte, obgleich er die Sanktionen kritisierte, in der Vergangenheit betont, dass der Konzern sich daran halten werde. In Moskau versuchte er russischen Partnern zu vermitteln, dass die Sanktionen eine vorübergehende Maßnahme, während die Partnerschaft von Siemens mit Russland von Dauer sei.

Wenn die Darstellung von Siemens stimmt, dann wollte man bei den Partnern, im konkreten Fall Technopromexport, einer Tochter der staatlichen Industrie- und Rüstungsholding Rostec unter Führung des Putin-Vertrauten Serej Tschemesow, nicht auf das ungewisse Ende der Sanktionen warten und hat einfach ein paar Lieferungen umgeleitet. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dementierte zunächst den Sanktionsbruch. Die Turbinen seien in Russland produziert worden, behauptete er. Später erklärte Energieminister Alexander Nowak lediglich, der Skandal werde keinen Einfluss auf die Inbetriebnahme der Kraftwerke auf der Krim haben.

Rechtliche Schritte

Siemens will allerdings rechtliche Schritte gegen die Nutzung seiner Turbinen einleiten. Der Konzern wolle auf "Einhaltung der Verträge klagen mit dem Ziel, weitere Lieferungen auf die Krim zu unterbinden und bereits dorthin verbrachte Ausrüstung zum ursprünglich vertraglich vereinbarten Bestimmungsort, Taman, zurückzubringen", teilte Siemens mit. Ansonsten werde man auf Rückabwicklung drängen.

Allerdings muss sich der Konzern fragen, warum seine – laut Möller "sorgfältige Prüfung jedes Geschäfts" – in dem Fall versagt hat. Der Konzern steht nach der Lieferung gehörig unter Druck.

Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft und auch der deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch, sprachen Siemens immerhin von jeglicher Verantwortung für den Sanktionsbruch frei. Siemens sei "betrogen" worden, der Vertragsbruch stelle einen ernsthaften Vertrauensverlust dar und schade dem Investitionsklima in Russland, sagte der deutsche Diplomat. (André Ballin aus Moskau, 11.7.2017)