Sind Rivalen: Hamilton und Vettel.

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Silverstone – Sebastian Vettel könnte beim Heimspiel seines WM-Verfolgers tatsächlich Grund für schlechte Laune bekommen. Der Dauernörgler der vergangenen Formel-1-Wochen reiste zwar mit Zuversicht und 20 Punkten Vorsprung zum Grand Prix von Großbritannien: "Es sollte eine gute Strecke sein für uns. Silverstone ist voll mit schnellen Kurven." Vettel muss sich aber für den Gegenangriff von Lewis Hamilton rüsten.

Denn das Home of British Motor Racing ist das Reich des Mercedes-Stars: 2008, 2014, 2015 und 2016 gewann der mittlerweile 32-Jährige vor seinen Fans. Die Ehrenrunde mit dem wehenden Union Jack will sich der dreimalige Champion und 56-fache Grand-Prix-Gewinner auch am Sonntag (Start 14.00 Uhr MESZ/live ORF eins, RTL und Sky) nicht nehmen lassen. "Ich kann es kaum erwarten, meine heimischen Fans zu sehen", sagte Hamilton. "Hoffentlich kann ich Silverstone als Initialzündung für die zweite Saisonhälfte nutzen."

Mercedes in der Pflicht

Zuerst die Nackenstütze in Aserbaidschan, dann der Getriebewechsel in Österreich – immerhin rettete Hamilton im WM-Duell mit Vettel in den jüngsten Rennen noch die Plätze fünf und vier. Den bis dato letzten Sieg feierte Hamilton zuvor in Montreal – wie Silverstone eine der Paradestrecken des Briten.

Sein Rennstall steht nun in der Pflicht. Teamaufsichtsrat Niki Lauda wollte sich mit Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zusammensetzen. "Wir müssen uns fragen: Was machen wir jetzt? Denn 20 Punkte Vorsprung ist schon ein Haufen", sagte der dreimalige Weltmeister mit Blick auf den Rückstand in der WM. Laudas klare Ansage: "Mercedes muss jetzt ohne Ende nachlegen, um zu versuchen, das wieder aufzuholen." Wolff versicherte: "Unser Ziel ist es, ihm die Möglichkeit zu geben, in Silverstone bestmöglich zurückzuschlagen."

Halbzeit

Nach dem Rennen unweit der beiden Fabriken des deutschen Werksrennstalls ist die erste Hälfte der Saison mit 20 Rennen vorbei, in der sich nach seinem Sieg in Spielberg auch Hamiltons neuer Teamkollege Valtteri Bottas immer besser positioniert. Der Rückstand des Finnen ist mit 15 Punkten auf Hamilton kleiner als dessen Rückstand auf Vettel.

Der Deutsche hat dagegen seinen finnischen Teamkollegen Kimi Räikkönen sicher im Griff. Vettel kann sich trotz des Vorsprungs aber auch nicht in Sicherheit wiegen – und er würde es auch nie tun, ehe sein erster Titel mit Ferrari und der fünfte seiner Laufbahn geschafft ist. Der 30-Jährige würde damit zu Juan-Manuel Fangio aufschließen und wäre nur noch zwei Titel-Triumphe von den lange unerreichbar scheinenden sieben WM-Triumphes seines großen Vorbildes und Landsmannes Michael Schumacher entfernt.

Dreimal konnte Schumacher in Silverstone gewinnen – jeweils im Ferrari. Danach fuhren Räikkönen in seinem WM-Titel-Jahr 2007 und der Spanier Fernando Alonso 2011 weitere Siege für die Scuderia auf dem 5,891 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitskurs ein.

"Gutes Pflaster"

"Silverstone war eigentlich immer ein gutes Pflaster für Ferrari", meinte Vettel. Wenn dem so ist, war es für Mercedes in den vergangenen Jahren ein extrem gutes Pflaster: Vor Hamiltons Hattrick hatte 2013 sein damaliger deutscher Teamkollege Nico Rosberg das Rennen gewonnen. Die Pole ging in den vergangenen vier Jahren ebenfalls an die Sternenflotte (dreimal Hamilton, einmal Rosberg).

Genau da will Vettel ansetzen. "Ich glaube, wir können im Qualifying noch ein bisschen zulegen", sagte er im Vorfeld des zehnten WM-Laufs. Denn eines will Vettel nicht schon wieder nach seinem viel diskutierten Rempler in Baku gegen Hamilton und der Fehlstart-Diskussion um Bottas: schlechte Laune. (APA, 12.7.2017)