Bild nicht mehr verfügbar.

Warten auf Teilnahme an der Gesellschaft: Asylwerber, deren Verfahren mindestens ein Jahr dauert, müssen künftig bis zu dem Entscheid in jenem Bundesland bleiben, in das sie verlegt wurden.

Foto: dpa/Woitas

Wien – Ausländer, die in Österreich kein Asyl erhalten, müssten wieder ausreisen. Damit das auch geschehe, brauche es die Maßnahmen laut dem neuen Fremdenrechtsänderungsgesetz (Fräg). So begründete Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) seine Zustimmung zu der Novelle, nachdem diese vor zwei Wochen im Nationalrat beschlossen worden war.

Auch die medialen Diskussionen in den Monaten davor hatten auf diesen Zusammenhang fokussiert. Die neuen Mitwirkungspflichten zur Vorbereitung einer Ausreise, die Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf nur einen politischen Bezirk oder, bei Nichtmitwirkung, die Wohnsitzauflage in einem Bundesquartier würden auch Rückkehrunwillige zum Verlassen des Landes bewegen, wurde argumentiert.

Geldstrafen und Beugehaft

Die hohen Geldstrafen- sowie Beugehaftandrohungen würden das zusätzlich unterstreichen – und dazu beitragen, rechtsstaatliche Entscheidungen umzusetzen.

Doch laut dem ab November geltenden Fremdenrechtsänderungsgesetz stehen nicht nur ausreisepflichtigen Ausländern Einbußen der Bewegungsfreiheit und Strafen bei Nichtbefolgung bevor. Sondern auch Ausländern, die legal in Österreich leben, weil sie hier einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben.

Konkret sieht das Fremdenrechtsänderungsgesetz im neuen Paragraf 15c des Asylgesetzes eine Wohnsitzbeschränkung auf ein einziges Bundesland für alle Asylwerber vor. Diese leben in der Regel in Grundversorgung in einem Länderquartier – und stehen ab November unter Sanktionsandrohung, sollten sie in ein anderes Bundesland übersiedeln: 100 bis – im Wiederholungsfall – 5000 Euro Geldstrafe oder bis zu drei Wochen Haft.

Anordnung zur Unterkunftnahme

Das Übersiedungsverbot gilt für das gesamte Asylverfahren, das im Durchschnitt laut Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl 2017 im ersten Quartal 12,9 Monate dauerte – in vielen Fällen aber weit länger. Es kann durch eine – ebenfalls neu eingeführte – Anordnung der Unterkunftnahme (Paragraf 15b Asylgesetz) begleitet sein: einer mit der gleichen Strafe wie die Wohnsitzbeschränkung sanktionierten individuellen Auflage an Asylwerber, "durchgängig" in einem bestimmten Quartier zu wohnen.

Ins Fremdenrechtsänderungsgesetz kamen beide Neuerungen erst zu einem recht späten Zeitpunkt der Gesetzeswerdung. Den zuständigen Mandataren und Experten der parlamentarischen Opposition wurden sie von ÖVP und SPÖ kurz vor dem Hearing zu dem Gesetzespaket am 13. Juni kundgetan: Eingebracht wurden sie dann unmittelbar vor Novellenbeschluss am 28. Juni – gleichzeitig mit einer neuerlichen Erhöhung der künftigen Strafandrohung für den illegalen Aufenthalt ausreisepflichtiger Personen. Diese wird nicht gestaffelt, sondern beträgt bereits ab dem ersten Verstoß hohe 5000 bis 15.000 Euro.

"Redundante" Regelung

Dieses parlamentarische Vorgehen, so Neos-Abgeordneter Nikolaus Scherak, sei "nicht schön" gewesen. Doch weit fragwürdiger sei der Sinn der zusätzlichen Maßnahmen. Da in der Grundversorgung ohnehin keine freie Wahl des Wohnorts bestehe, sei etwa dessen Beschränkung "ziemlich redundant". Die Neos würden vielmehr eine Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge befürworten.

Die Wohnsitzbeschränkung für Asylwerber sei "Symbolpolitik für Hardliner" meint auch Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun. Den Betroffenen erschwere sie die Integration: "Der Umzug zu Bekannten oder dorthin, wo es eine unterstützende Community aus dem Herkunftsland gibt, wird unter Strafe gestellt."

Im Innenministerium begründet ein Sprecher die Wohnsitzbeschränkung nüchtern: "Die zitierte Regelung zielt auf das Sicherstellen der ausgewogenen Verteilung der Asylsuchenden auf die einzelnen Bundesländer ab". (Irene Brickner, 13.7.2017)