Der österreichische Staat gibt in fast allen Kategorien (Verteidigung, Sicherheit, Gesundheit) weniger aus als die übrigen Industriestaaten. Einen Warnruf gibt es wegen der zuletzt gesunkenen staatlichen Investitionen – unter anderem in Kindergärten.

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Wien – Die Industriestaatenorganisation OECD hat am Donnerstag ihren umfassendsten Bericht seit Jahren über die weltweite Effizienz und Qualität von Staatsapparaten vorgestellt. Der Bericht dürfte auch Futter für den heimischen Wahlkampf liefern. So werden in dem OECD-Report "Government at a Glance" sowohl jene fündig werden, die kritisieren, dass der Staatsapparat in Österreich aufgebläht ist, als auch jene, die die Effizienz des heimischen Sozialstaats hervorheben wollen.

Die Experten der Industriestaatenorganisation zeigen zunächst, dass Österreich im internationalen Vergleich ein Land ist, das seinen Bürgern und Unternehmen eine besonders hohe Abgabenlast abverlangt. Die Staatseinnahmen (Steuern, Sozialabgaben) liegen in Österreich knapp unter 50 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist immerhin der sechsthöchste Wert aller 35 OECD-Länder. Bei dem Indikator Staatseinnahmen pro Kopf liegt Österreich sogar auf dem vierten Platz.

Interessant ist zu sehen, wie dieses Geld im Vergleich ausgegeben wird. Der österreichische Staat gibt in fast allen Kategorien (Verteidigung, Sicherheit, Gesundheit) weniger aus als die übrigen Industriestaaten. Demgegenüber wird für soziale Absicherung deutlich mehr ausgegeben. Der größte Teil der Sozialausgaben, nämlich gut 60 Prozent, wird für Pensionen aufgewendet. Auch das ist ein OECD-Spitzenwert.

Gute Noten für Polizei, Gesundheitswesen

Zugleich gibt es im Bericht viele Hinweise darauf, dass der heimische Sozialstaat gut funktioniert und die Verwaltung im internationalen Vergleich zu den effektivsten zählt. Ein Beispiel: Die Arbeit von Polizei, Schulsystem und Justiz beurteilen die Österreicher deutlich besser als die Bürger in den übrigen OECD-Ländern. Mit dem Gesundheitssystem sind sogar 88 Prozent zufrieden – das ist einer der höchsten Werte aller Länder. Das Vertrauen in die Regierung liegt etwa auf der Höhe des OECD-Schnitts. Positive Noten bekommt die Finanzverwaltung, auch die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von staatlichen Informationen wird positiv bewertet.

Die Ungleichheit der Einkommen nach Einrechnung der Sozialtransfers liegt in Österreich deutlich unter dem OECD-Schnitt, Sozialtransfers haben eine ausgleichendere Wirkung als in den anderen Staaten. Staatsbedienstete verdienen im Schnitt in fast allen Kategorien weniger als Kollegen in übrigen Staaten, wobei das für höhere Beamte und Vertragsbedienstete ebenso gilt wie für Sekretäre, die in den Ministerien und Gemeindestuben arbeiten. Lediglich externe Berater, die zugezogen werden, erhalten etwas mehr.

Interessant ist die Methodologie des Berichts: Ein Team von OECD-Experten hat sich für den Bericht hunderte bereits publizierte Studien, Umfragen und Kennzahlen über den Staatssektor in den 35 OECD-Mitgliedsländern angesehen. In dem Bericht werden dann hunderte Grafiken und Tabellen zu dutzenden Themen (Gesundheit, Bildung, Polizei, Justiz, Budget et cetera) präsentiert.

Warnruf wegen Investitionen

Einen Warnruf der Industriestaatenorganisation gibt es wegen der zuletzt gesunkenen staatlichen Investitionen. Die Industrieländer geben seit 2007 deutlich weniger für Straßenbau, Schulen, Kindergärten, Spitäler und öffentlichen Verkehr aus. Die Investitionen beliefen sich zuletzt auf 3,2 Prozent der Wirtschaftsleistung im OECD-Schnitt. 2007 waren es noch 3,6 Prozent, 2009 rund 4,1 Prozent gewesen. Die OECD fordert ihre Mitglieder deshalb auf, mehr zu investieren. Die höchsten Investitionsausgaben hat es zuletzt in Ungarn, der Slowakei, Estland und Tschechien gegeben. Österreich lag genau im OECD-Durchschnitt, Deutschland spürbar darunter. Wobei in Österreich der Anteil der Investitionen an den Staatsausgaben im Vergleich sehr niedrig ist – laufende (Sozial)-Ausgaben beanspruchen also einen größeren Teil des Finanzbrockens für sich. (András Szigetvari, 13.7.2017)