Wien – Wer künstlerisch in vielerlei Hinsicht strahlt – Alma Deutscher tut dies als Geigerin, Pianistin und Komponistin –, kommt unweigerlich in Verzug, wenn er etwa viel komponiert. "Zuletzt habe ich wieder viel geübt, ich versuche, meine Finger in Form zu bringen. Meine Technik war etwas eingerostet ...", so die junge Britin, die am Sonntag den Carinthischen Sommer eröffnet.

Alma Deutscher hat einen Wunsch: Das Beste wäre, "wenn die Leute aufhören würden, mir zu sagen, wie es mir erlaubt oder nicht erlaubt sei, im 21. Jahrhundert zu komponieren".
Foto: Alex Nightingale Smith

Mit dem Wiener Kammerorchester wird sie ihr erstes Violinkonzert und ihr neues Klavierkonzert spielen. Die Neuheit hielt vom Üben ab, und auch das Violinkonzert wurde überarbeitet. "Ich schrieb den ersten Satz vor zwei Jahren. Als ich nun die Noten hervorholte, gefiel mir nicht, was ich sah. Also schrieb ich den Satz, der das halbe Konzert ausmacht, noch einmal. Es war ermüdend. Ich freue mich nach dem Carinthian Sommer auf Urlaub in Salzburg."

Immer beruhigend zu hören, dass jemand eine entspannende Auszeit nimmt – im Falle von Deutscher besonders. Auch wer sie 2016 bei der Wiener Aufführung ihrer Oper Cinderella erlebt hat und jenen Spaß, den sie als mitwirkende Instrumentalistin versprühte, als authentisch empfand, auch der wundert sich. Die Britin ist Jahrgang 2005.

Warum Musik schön sein soll: Almas Nachricht für die Pressekonferenz des Carinthischen Sommers.
AlmaDeutscher

nicht zu belasten. "Es ist nicht seltsam für mich. Ich will ja auch immer wissen, wie andere Komponisten schreiben. Ich würde Mozart, Schubert, Tschaikowsky und Bruckner einiges fragen."

Ideen beim Schwenken

Woher kommen ihre Ideen? Sie bekomme melodische Eingebungen, "wenn ich meine Springschnur herumschwenke oder wenn ich mich entspanne. Aber was mich wirklich inspiriert, ist meine Fantasiewelt, sind jene Geschichten, die ich mir selbst erzähle – aus meinem Fantasieland heraus." Auch in diesem "Transsylvanien" (Vampir-frei und mit der Hauptstadt Brasslichmei) sei aber nichts zu erzwingen.

"Die Inspiration kommt, wenn es ihr gefällt; ich versuche, sie nicht zu zwingen. Wenn die Situation festgefahren ist, überschlafe ich das Ganze, und manchmal frage ich mich: Wie würden meine imaginären Komponisten dieses Problem lösen? Was würden Antonin Yellowsink oder Shell tun? Manchmal komme sie mit guten Ideen." Im Fantasieland "Transsylvanien", aus dem die Tonsetzer stammen, entstanden wohl auch Teile von Cinderella, die Alma mit zehn schrieb und die von der Wiener Staatsoper (28. 1. 2018) in der Walfischgasse gezeigt wird. Die Erstellung einer Kurzfassung – für die recht lange Oper – wäre schmerzvoll gewesen, so Deutscher: "Es war schwer für mich, es wird mehr als die Hälfte der Oper gestrichen. Es war letztlich zu schmerzhaft, ich konnte es nicht selbst kürzen."

An die Staatsoper

Also machte sich "mein Vater auf den Weg zu den Dramaturgen der Staatsoper", er erklärte die Situation und "bat sie, selbst ein Konzept zu erstellen. Die Dramaturgen traf ich dann unlängst, und es stellte sich heraus, dass sie eine clevere Version fanden, die alles Wesentliche enthielt – die Geschichte behielt ihren Sinn. Natürlich wird es eine simplere Version des Originals sein. Aber das ist gut für Schulkinder."

Wie aber soll es weitergehen, wie wird das alles in zehn Jahren sein – mit der übertalentierten Alma? "Im Grunde denke ich nicht weiter als bis zu meinem nächsten Geburtstag. Aber wenn Sie mich nach Träumen fragen, wenn ich einmal 22 bin: Dann hoffe ich, dass Cinderella auch auf der großen Bühne der Staatsoper gespielt wird, mit Chor und Orchester. Auch hoffe ich, dass meine Konzerte und Symphonien, die ich noch schreiben möchte, von den Philharmonikern im Musikverein aufgeführt werden. Und ich hoffe, dass große Pianisten und Geiger den Wunsch haben, meine Konzerte zu interpretieren."

AlmaDeutscher

Zudem hofft Alma Deutscher, "jene Serien von Novellen über ein Mädchen namens Malvina beenden zu können", bei denen sie sich auch eine Verfilmung vorstellen kann. "Ich habe auch viele Ideen für eine dazu passende Musik. Auch hoffe ich, in zehn Jahren eine weitere Oper geschrieben zu haben und ein Musical oder eine Operette."

Das Beste jedoch wäre, "wenn die Leute aufhören würden, mir zu sagen, wie es mir erlaubt oder nicht erlaubt sei, im 21. Jahrhundert zu komponieren. Mögen sie nicht mehr meine Dissonanzen zählen! Ich hoffe, dass es auch in zehn Jahren kein Verbrechen sein wird, schöne Musik schreiben zu wollen." (Ljubiša Tošić, 14.7.2017)