Kleiner Nachtrag zum Staffelstart von "Game of Thrones": Schön fand ich ja, dass es dieses Serienmonstrum immer noch schafft, sich selbst nicht ganz ernst zu nehmen. (Achtung, jetzt kommt ein klitzekleiner Spoiler!) Der Bettpfannen-Rap von Samwell Tarly war ein witziger Bruch mit dem ansonsten recht sortiert ablaufenden Mittelalter-Erzähltempo. Mein persönliches Highlight war die Szene, in der Sandor "The Hound" Clegane mit Berric Dondarrion und dem roten Priester Thoros von Myr in einer verlassene Hütte Quartier beziehen. Erst streiten die beiden wie ein altes Ehepaar (Thoros: "Wieso hast du immer so eine beschissene Laune?"), dann diskutieren sie über Frisuren (Sandor zu Thoros: "Denkst du, du kannst mir mit dem Dutt was vormachen?"). Winter ist Welt!

GameofThrones

Aber jetzt zum Kerngeschäft – was läuft:

Freitag, 21. Juli – "Ozark", Netflix
Eine kompakte Thrillerserie im Stil von "Bloodline" liefert Netflix mit Jason Bateman und Laura Linney ab. Als Finanzberater, der sich auf die falschen Freunde einlässt, sitzt Bateman relativ bald in der sprichwörtlichen Rue de Gack. Um den eigenen Hals vor schlechtgelaunten mexikanischen Drogenbossen zu retten, bietet sich der gewiefte Finanzer Marty Byrde an, in den Ozarks von Missouri Geldwäsche in großem Stil zu betreiben. Gattin Wendy weiß Bescheid, zuerst muss man allerdings den Umzug den eigenen Kids verkaufen. Mit rhetorischem Geschick schafft Marty letztlich beides. Showrunner Bill Dubuque hat ein aufreibendes Stück Thrillerdrama geschaffen, dem zu Beginn vielleicht ein wenig die Seele fehlt, aber nicht aufgeben – es wird! Es bleibt dunkel, aber der Zunder steigt. "Die Dämmerung versetzt die Wahnsinnigen in Erregung", heißt es bei Charles Baudelaire. Selbige steigt bereits in der zweiten Folge, wenn Marty und Wendy in der neuen Umgebung ziemlich zügig durchmarschieren. "Ozark" punktet mit schrägem Humor und machetenscharfen Dialogen. Von den Abgründen von "Breaking Bad" und der psychologischen Tiefe von "Bloodline" ist man meilenweit entfernt. Aber nicht immer braucht es den Vergleich, um standzuhalten.

Netflix

Samstag, 22. Juli – "Zeugenschutz – Abschied vom alten Leben", 20.15 Uhr, ZDF Info
"Amateurhaft, wenig professionell und wenig zugunsten der betroffenen Personen." Diese nicht sehr ermutende Diagnose erstellt der Anwalt Andreas Meyer in Bezug auf das Zeugenschutzprogramm in Deutschland. Am Beispiel der von ihrer Familie verfolgten Syrerin Nourig Apfeld deckt die Reportage die Lücken im Sicherheitssystem auf. Man kennt das aus Filmen: Aussagewillige sollen vor Vergeltung geschützt werden, indem man sie untertauchen lässt und ihnen an einem neuen Ort eine neue Existenz ermöglicht. Das hat in Wahrheit eher wenig mit "Sister Act" zu tun, sondern mehr mit einem traumatischen Wechsel in ein neues Leben, eine neue Identität. Der ZDF-Reporter Sven Markmann berichtet von Systemschwächen, fehlendem Regelwerk, Willkür der Zeugenschützer. Die zu schützenden Zeugen würden unter Druck gesetzt, der Aufbau neuer Identitäten zum Teil verschlampt. Der 45-minütige Film zeigt die Situation in Deutschland. Die Lage in Österreich zu erkunden wäre ein lohnendes Unterfangen, zumal einem noch die Aussage jenes gebürtigen Tschetschenen beim Jihadistenprozess 2016 in Erinnerung ist, der als geschützter Zeuge vor Gericht aussagte: "Ich bin sicher, dass ich trotz des Zeugenschutzprogrammes getötet werde, aber ich habe keine Angst."

Foto: ZDF / Alexander Griesser

Sonntag, 23. Juli – "Insecure 2", auf Sky On Demand und ab 15. August auf Sky Atlantic HD
Mit der sicher sehr klassen Issa Rae ("The Misadventures of Awkward Black Girl") habe ich ein kleines, allerdings ziemlich folgenschweres Problem: Wenn sie ihr Black American English aus der Lade holt, versteh ich sie leider nur sehr wenig! Dieser Slang hört sich großartig an und ist dermaßen authentisch, dass die Serie für mich armselige Non-native Speakerin an manchen Stellen schlicht und ergreifend keinen Sinn ergibt. Was ich nach eineinhalb Folgen sagen kann: Issa vermisst ihren Lover, rapt sich durch Dates, ihre Freundin Molly (Yvonne Orji) steht ihr bei, eine Party endet im wahrsten Sinne des Wortes heiß. Das sieht lustig aus, bewegt sich rein optisch in seinen besten Momenten in Richtung Tanzperformance. Gerne würde ich mehr verstehen, erfreue mich aber einstweilen am wirklich sehr coolen Soundtrack. Hier eine Liste mit den Nummern aus der ersten Staffel von www.lyricsoundtrack.com.

HBO

Montag, 24. Juli – "60 Days in – Undercover im Knast", ab 21.50 Uhr in Doppelfolgen auf A&E
2500 Häftlinge sitzen im Atlanta Fulton County Jail, zumindest neun von ihnen sind unschuldig. Nicht wegen Justizirrtums, sondern um aufzudecken. So viele Männer und Frauen lassen sich in einem der größten Gefängnisse der Vereinigten Staaten einschleusen. Warum? Die Motive sind unterschiedlich, einer möchte Missstände aufzeigen, eine Gefängniswärterin will wissen, wie es sich auf der "anderen Seite" anfühlt, andere tun es aus Selbsterfahrung. Die Art der Inszenierung hat etwas von "Tausche Familie" und Dschungelprüfung und hinterlässt insgesamt einen etwas unguten Eindruck. Mit bestimmten Sachen spielt man nicht.

A&E

Dienstag, 25. Juli – "Aussteigen", 22.30 Uhr im BR
Ariela Bogenberger fasst einen Entschluss. Sie will aus der Sekte, der sie seit fast 20 Jahren angehört, aussteigen. Die Regisseurin Petra K. Wagner "fällt aus allen Wolken", als Bogenberger ihr von der Absicht erzählt. Wagner war die Mitgliedschaft der Freundin bei der "Kirschblüten"-Glaubensgemeinschaft unbekannt. "Ich war eine sehr verletzbare Ende-zwanzig-Jährige und bin in einen falschen therapeutischen Kontext gekommen", beginnt Bogenberger ihre Geschichte. Seit Jahren steht die Kirschblütengemeinschaft im schweizerischen Lüsslingen-Nennigkofen in den Schlagzeilen wegen Drogenmissbrauch, Psychoterror und sexuellen Ausschweifungen. Im Januar starb ihr Gründer Samuel Widmer an Herzversagen. 90 Minuten arbeitet die Drehbuchautorin vor laufender Kamera ihre Vergangenheit auf, wie sie in die Sekte kam, was sie dort erlebt hat, ihren Weg aus dieser heraus, vor allem aber, mit welcher Selbstverständlichkeit nach genügend Gehirnwäsche selbst ein Höllentrip hingenommen wird. Harter Stoff.

Foto: BR/moonfilm gmbh

Mittwoch, 26. Juli – "Callin Mr. Brain – Stars der Geschichte", 16.20 Uhr, ZDFneo
William Cohn, der Sidekick in Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale", hatte vergangene Woche Premiere mit seiner sechsteiligen Wissensreihe. Diese Woche geht es um die "Stars der Geschichte", weitere Ausgaben: "Großartige Rekorde" (30. Juli), "Nebulöse Mysterien" (6. August), die Besonderheiten der Deutschen in "Auffallend deutsch" (13. August) und "Geheimnisvolle Weltmeere" (20. August). Das kommt manchmal etwas bemüht locker-flockig daher ("Plötzlich wird Europas Wissen Next Level Shit"), aber es tut nicht sehr weh, dem Mann mit der Bassstimme zuzuhören und zu sehen. Eine Alternative zum gebackenen ORF-"Quantensprung" ist Cohn in jedem Fall, und wer in den "Science Busters" auch nicht der Weisheit letzten Schluss sieht, darf ruhig reinschauen.

Darklord Dachshund

Donnerstag, 27. Juli – "Re: Wanderer gegen Mountainbiker", 19.40, Arte
Die Diskussion wird geführt, seit es Radler auf nicht asphaltierten Wegen gibt. Wanderer fühlen sich ihren Bewegungszonen eingeengt und hinterrücks überfahren, Mountainbiker geben sich gern als Unschuldslämmer. Eine Ausgangslage mit erheblichem Konfliktpotenzial. "Es gibt einfach überall – salopp gesagt – Idioten", bringt es Mountainbike-Guide Peter Brodschelm auf den Punkt. Reden hilft nicht immer, wie diese Ausgabe der großartigen "Re"-Reihe von Arte zeigt.

Trailer der Woche
Im Dezember zeigt Arte die zweite Staffel von Jane Campions "Top of the Lake", worauf man sich sehr, sehr freuen darf. Elisabeth Moss ("Handmaid's Tale"), Nicole Kidman ("Big Little Lies") und Gwendoline Christie ("Game of Thrones"). Der Trailer verspricht wie bei der ersten Staffel großes, großes Serienvergnügen! Die BBC startet bereits am 27. Juli dieses Krimifest.

Series Trailer MP

In diesem Sinne: Frohes Schauen! (prie, 20.7.2017)