Ankara/Berlin – NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat im deutsch-türkischen Streit über Abgeordnetenbesuche bei Bundeswehr-Soldaten eine Lösung gefordert. Er hoffe, dass sich beide Staaten auf einen Termin für eine solche Visite einigen könnten, sagte Stoltenberg am Wochenende nach einem Gespräch mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Die Angelegenheit betreffe das Verteidigungsbündnis insgesamt.

Die Türkei hatte einen Besuch deutscher Abgeordneter auf dem Luftwaffenstützpunkt Konya überraschend abgesagt. Seitdem streiten sich auch Politiker von Union und SPD über Konsequenzen.

Auf dem NATO-Stützpunkt Konya sind deutsche Soldaten im Rahmen der Allianz eingesetzt. Die Türkei hat den Besuch der Soldaten durch Abgeordnete des deutschen Bundestages auf unbestimmte Zeit verschoben, was die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara erneut belastet. Bereits wegen verweigerter Abgeordneten-Besuche bei deutschen Bundeswehrsoldaten auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik war es zwischen den Regierungen zu Verstimmungen gekommen. Da die Türkei die Visiten untersagte, begann die Bundeswehr vor zwei Wochen den Abzug.

Stoltenberg erklärte am Samstag, Konya sei für die Unterstützung der Türkei und im Kampf gegen die Extremistenmiliz IS ein wichtiger Standort. Bisher wirke sich der Streit allerdings nicht auf die Flüge der Awacs-Aufklärungsmaschinen aus, für die die Bundeswehr einen Teil der Besatzung stellt. Der NATO-Chef stellte zudem klar, dass Besuche von Abgeordneten bei Soldaten in NATO-Einsätzen normal seien. "Wir hoffen, dass Deutschland und die Türkei einen für beide Seiten akzeptablen Termin für einen Besuch finden können."

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte, Kanzlerin Angela Merkel müsse mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan grundsätzlich klären, dass der Bundestag die deutschen Soldaten in Konya besuchen dürfe. Es sei nicht nur ein Recht von Abgeordneten, sich ein Bild vom Einsatz der Soldaten zu machen, sondern auch deren Pflicht. Dafür stehe der Grundsatz der Parlamentsarmee. "Ohne Besuchsrecht können die deutschen Soldaten nicht in Konya bleiben."

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, und der Verteidigungspolitiker Henning Otte bezeichneten solche Forderungen dagegen als kurzsichtig und gefährlich. "Erdogan hätte mehr erreicht, als er sich zu erträumen wagt, wenn deutsche Soldaten aus Awacs aussteigen müssten", erklärten die Unionspolitiker.

Das Auswärtige Amt in Berlin hatte am Freitag mitgeteilt, dass die Türkei einen für Montag geplanten Besuch von Bundestagsabgeordneten auf dem NATO-Stützpunkt im türkischen Konya untersagt habe. (APA, 16.7.2017)