Wien – Über jeder Lehne der rund 200 Sessel hängt eine rote Flagge mit Halbmond und Stern. "Wir sind Austrotürken, ich bin stolzer Österreicher", betont Ramazan Aktaş, Sprecher der europäisch-türkischen Demokraten Österreich (UETD), in jedem Gespräch, das er mit Journalisten führt. Ausschließlich vor Beginn der Veranstaltung durften Medienvertreter am Sonntag die Halle in Wien-Liesing betreten, in der seine Organisation eine Gedenkfeier zum ersten Jahrestag des Putschversuchs in der Türkei abhielt.

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Am 15. Juli 2016 hatten Teile des türkischen Militärs versucht, die Regierung von Präsident Tayyip Erdoğan zu stürzen. Offiziellen Angaben zufolge wurden dabei rund 250 Menschen getötet – darunter viele Zivilisten. "Wir hoffen, dass unsere österreichischen Freunde verstehen, was für ein Trauma das ist", sagt Aktaş.

Dass seine Vereinigung bloß für den türkischen Staatschef werben wolle, streitet Aktaş vehement ab: "Das ist keine Pro-Erdoğan-Veranstaltung." Medien, die anderes behaupten, würden "Fake-News" verbreiten. "Eurotürken und Welttürken" begingen lediglich gemeinsam den "Tag der Demokratie".

Rund 200 Besucher hatte der Veranstalter UETD in Wien erwartet.
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Dem türkischen Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi, der eigentlich auch teilgenommen hätte, war zuvor von ÖVP-Chef und Außenminister Sebastian Kurz in Absprache mit Kanzler Christian Kern (SPÖ) die Einreise nach Österreich verweigert worden. Es bestehe Gefahr für "die öffentliche Ordnung und Sicherheit", da er "ausschließlich zum Zwecke eines öffentlichen Auftritts" kommen wolle, argumentierte Kurz. Daraufhin sagte auch Hamza Dağ, der Vizepräsident der türkischen Regierungspartei AKP, seine Teilnahme ab.

UETD-Sprecher Aktaş hält das Vorgehen von Kurz für "undemokratisch und populistisch". Österreichische Politiker würden das Thema Türkei benutzen, um im heimischen Wahlkampf zu punkten. Und: "Das war erst der Anfang", ist er überzeugt.

Der türkische Botschafter Mehmet Ferden Çarikçi nahm auch an der Gedenkveranstaltung teil.
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Der türkische Botschafter Mehmet Ferden Çarikçi äußerte sich auch zu den EU-Beitrittsverhandlungen: "Kein anderer Kandidat wurde wie die Türkei gedemütigt. Man lässt uns nicht unseren Weg alleine beschreiten", sagt er im Gespräch mit Journalisten vor der Veranstaltung am Sonntag. (Katharina Mittelstaedt, Maria Von Usslar, 16.7.2017)