Lausanne – Medikamente wie Insulin, die aus kleinen Proteinen bestehen, werden normalerweise schnell über die Nieren ausgeschieden. Schweizer Forscher haben ein Molekül entwickelt, das das Verweilen dieser Medikamente im Blut drastisch erhöhen könnte. Die Methode der Wissenschafter um Christian Heinis von der ETH Lausanne (EPFL) soll die Halbwertszeit von Minuten auf Tage verlängern.

Dabei geht es um Wirkstoffe, die auf kleinen Proteinen beruhen, wie beispielsweise die Hormonpräparate Insulin zur Blutzuckerregulation und Oxytocin zur Geburtseinleitung. Normalerweise werden sie nach wenigen Minuten ausgeschieden, was ihre Wirkung beschränkt.

Ligand ermöglicht Bindung

Mit einem Trick lassen sich solche Medikamente länger im Blut halten: Indem sie wie ein Rucksack auf Blutserum-Proteine wie Albumin "geschnallt" werden. Das von Heinis und seinem Team entwickelte Molekül – ein sogenannter Ligand – stellt die Verbindung zwischen dem jeweiligen Wirkstoff und Albumin her, wie die EPFL am Montag mitteilte.

Bisherige Versuche, solche Liganden beispielsweise für Insulin zu entwickeln, beruhten entweder auf Fettsäuren oder auf kurzen Proteinstücken, wie es weiter hieß.

Die Fettsäureliganden, die heutzutage in Insulinpräparaten zum Einsatz kommen, verlängern demnach zwar die Halbwertszeit von Insulin im Blut, binden aber nur schwach an Albumin. Die Protein-basierten Liganden wiederum hefteten sich zwar gut ans Albumin, seien aber schlecht löslich und verteilten somit das Insulin ungleichmäßig im Blut.

Der Neue

Beim nun im Fachblatt "Nature Communications" vorgestellten Liganden handelt es sich um eine Chimäre aus Fettsäure- und Proteinelementen. Dadurch vereine er die Vorteile beider Ansätze, nämlich gute Löslichkeit und eine hohe Affinität für das Albumin, schrieb die EPFL. Zudem lasse sich der Ligand mittels Standardmethoden an Wirkstoffe wie Insulin anheften.

Die Wissenschafter um Heinis testeten ihr Molekül im Tierversuch. Es verlängerte die Halbwertszeit verschiedener bioaktiver Proteine um mehr als das 25-Fache, wie sie berichten. Auch ein Wirkstoff gegen Thrombosen wirkte im Tierversuch um mehrere Stunden länger, wenn er zuvor mit dem Liganden ausgerüstet worden war.

Wirkstoffe aus Proteinen wie Insulin haben viele Vorteile. Sie lassen sich einfach herstellen, haben in der Regel wenig Nebenwirkungen und sind sehr effizient. Mittels Liganden wie dem nun vorgestellten lässt sich ihre Wirkungsdauer gezielt anpassen, um ihre Effizienz noch weiter zu erhöhen. (APA, 17. 7. 2017)