Seit mehr als 100 Jahren gibt es Kreuzworträtsel. Womöglich ist das auch gut so, denn das Gehirn könnte davon profitieren.

Foto: Matthias Cremer

Vor bald 104 Jahren, am 13. Dezember 1913, erschien in der Sonntagsbeilage der "New York World" das erste Kreuzworträtsel der Geschichte. In Großbritannien war es 1922 so weit, in Deutschland konnten sich die Leser der "Berliner Illustrirten Zeitung" drei Jahre später am großen Wörterfinden erfreuen.

Doch nicht alle waren der Gehirnakrobatik im Kästchenformat zugetan. So beklagte etwa die "New York Times", dass den Menschen durch die "absolut sinnlose Suche nach Wörtern" wertvolle Lebenszeit verlorengehe. "Das ist keinesfalls ein Spiel und kann auch kaum als Sport bezeichnet werden", so die Kritik der Zeitung, die erst im Jahr 1942 den kniffeligen Zeitvertreib als fixen Bestandteil ins Blattinnere hob.

Dass die Suche nach Begriffen und Wörtern keineswegs sinnbefreit ist, sondern eine positive Wirkung auf das Gehirn hat, vermuten Forscher schon länger. So lautete das Fazit einer Studie, die vom französischen Institut für Gesundheits- und Medizinforschung in Paris im Jahr 2009 veröffentlicht wurde, dass Menschen, die mindestens zweimal pro Woche geistig stimulierenden Beschäftigungen nachgehen, ihr Risiko an Demenz zu erkranken um die Hälfte reduzieren – und zwar unabhängig vom formalen Bildungsgrad, Geschlecht oder allgemeinen Gesundheitszustand. Die Schlussfolgerung der Studienleiterin Tasnime Akbaraly: Kontinuierliche geistige Aktivität – etwa durch das Lösen von Kreuzworträtseln – stimuliert die sogenannte kognitive Reserve, also die Fähigkeit, alternative Neuronen beim Verlust von Gehirnzellen zu nutzen.

Möglicher Jungbrunnen

Forscher von der Exeter Medical School und dem Kings College London analysierten nun die Daten von mehr als 17.000 gesunden Menschen im Alter zwischen 50 und 96 Jahren. Für die Studie, die jetzt auf der Alzheimer's Association International Conference (AAIC) 2017 vorgestellt wurde, kombinierten die Wissenschafter standardisierte kognitive Testverfahren mit der Frage, wie oft Kreuzworträtsel gelöst werden.

Das Ergebnis: Je häufiger das wortreiche Gedächtnistraining absolviert wird, desto besser bleibt die Gehirnfunktion im späteren Leben erhalten. Konkret konnten sie einen positiven Effekt in puncto Aufmerksamkeit, Sprachvermögen und Erinnerungsleistung messen. Aus den Daten berechneten die Forscher außerdem, dass Kreuzworträtsel-Aficionados eine Gehirnleistung aufweisen, die mit um bis zu zehn Jahren jüngeren Personen vergleichbar ist.

Zusammenhang unklar

Die Forscher betonen, dass es zwar einen Zusammenhang zwischen regelmäßigem Gedächtnistraining und der Denkfähigkeit gibt, es aber nach wie vor unklar ist, wie diese Korrelation zustande kommt. Es könnte nämlich auch genauso gut andersherum sein: Demnach sei es möglich, dass sich Menschen mit einem guten Denkvermögen auch häufiger mit dem Lösen von Kreuzworträtseln beschäftigen. Um die Richtung des Zusammenhangs eindeutig bestimmen zu können, braucht es klinische Studien, betonen die Studienautoren.

Bis das geklärt ist, geben die Forscher folgenden Tipp: "Um das Risiko von Demenz zu reduzieren, sollte man körperlich aktiv bleiben, das Rauchen vermeiden und sich ausgewogen ernähren." Das war jetzt weniger schwer zu erraten. (gueb, 18.7.2107)