Ein Archäologe steigt in die 2010 entdeckte Kirschbaumhöhle in der Fränkischen Alb. Hier wurden unter anderem die 4.700 Jahre alten Überreste eines neolithischen Hundes gefunden, dessen komplettes Genom nun sequenziert wurde.

Foto: Timo Seregély, Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Der Schädel des Hundes, hier noch in situ in der Kirschbaumhöhle.

Foto: Timo Seregély, Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Im Labor haben die Forscher dem Hundeschädel aus der Kirschbaumhöhle Proben entnommen, um dessen komplettes Genom zu sequenzieren. Gemeinsam mit DNA-Untersuchungen anderer neolithischer Hunde ergaben die Daten, dass der Haushund womöglich nur in einer Region domestiziert wurde.

Foto: Amelie Scheu, JGU

Mainz – Jäger und Sammler aus lediglich einer Weltregion haben den Wolf gezähmt und damit für jene Vorfahren gesorgt, auf die heutige Hunde zurückgehen. Das zumindest behaupten Forscher der Universitäten in Mainz und Bamberg in einer genetischen Studie, die nun im Fachblatt "Nature Communications" erschienen ist.

Der Übergang vom Wolf zum Hund lief den Forschern zufolge vor 20.000 bis 40.000 Jahren ab. Nicht herausgefunden haben sie allerdings, wo genau der Ort in Eurasien liegt, an dem Menschen die Wölfe zu ihren Begleitern machten. Die Ergebnisse zeigten laut der Mainzer Forscherin Amelie Scheu aber: "Es war in einem Landstrich, einer Region." Eine Domestizierung sei kompliziert und könne sich über mehrere hundert Jahre hinziehen.

Doch keine parallelen Domestizierungen?

Zuvor gab es Theorien, dass Wölfe an mehreren Orten unabhängig voneinander zum Freund des Menschen wurden. Neben Europa werden zum Beispiel auch Ostasien, der Nahe Osten oder Zentralasien als Ursprung des Hundes gehandelt.

Die Forscher nahmen für ihre Arbeit DNA mehrerer Hunde aus der Jungsteinzeit unter die Lupe. Unter anderem sequenzierten sie das Erbgut eines Hundes, der vor 7.000 Jahren lebte und dessen Überreste bei Herxheim in Rheinland-Pfalz gefunden wurden. Auch 4.700 Jahre alte Überreste eines Tieres aus der Kirschbaumhöhle in Oberfranken flossen in die Untersuchung ein. Zudem wurden die Daten eines 5.000 Jahre alten Hundes aus Irland berücksichtigt.

Kontinuierliche Hundepopulation

Es zeigten sich große Übereinstimmungen der Jungsteinzeit-Hunde mit heute lebenden Tieren, schreiben die Forscher. "Wir schließen auf eine kontinuierliche Hundepopulation von der Jungsteinzeit bis zu heutigen Rassehunden", sagte Scheu. Zwar sähen Chihuahuas oder Deutsche Doggen sicher ganz anders aus als ihre Vorfahren vor Tausenden von Jahren. "Aber genetisch sind sie überraschend ähnlich."

Die Forscher sequenzierten das komplette Genom der Hunde. Darin liege der große Unterschied zu älteren Studien, sagte der deutsche Evolutionsgenetiker Olaf Thalmann, der nicht an der Untersuchung beteiligt war. Er und seine Kollegen untersuchten vor vier Jahren mitochondriale DNA von Hunden, die viel weniger genetische Informationen enthält. "Die Aussagekraft ist um ein Vielfaches höher, wenn man nicht nur einen Datenpunkt hat, sondern sehr viele Punkte", sagte Thalmann.

Kleiner Stein im großen Hunde-Mosaik

Um die Zähmung geografisch und zeitlich weiter einzugrenzen, sei die Sequenzierung der Genome weiterer prähistorischer Funde aus Eurasien nötig, schrieben die Forscher der aktuellen Studie. Thalmann ergänzte, die neuen Erkenntnisse seien ein "großer Fortschritt" – dennoch aber nur ein kleiner Teil im großen Mosaik der Hundedomestizierung. "Wir sind noch weit davon entfernt, die ganze Komplexität zu verstehen." (APA, red, 19.7.2017)