Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (li.) soll auf der Tiroler Landesliste den ersten Platz bekommen. Das sei auch mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz abgesprochen, heißt es in Parteikreisen.

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Wien – Es ist eine alte, innenpolitische Binsenweisheit, dass der Grad der Abneigung entlang der Achse Freund-Feind-Parteifreund stets zunimmt. Kaum Gnade haben viele Funktionäre aber spätestens dann, wenn es um die Erstellung von Kandidatenlisten, also das eigene politische Überleben geht. Während Grüne und SPÖ diesen Prozess zumindest auf Landesebene bereits abgeschlossen haben, ist die Volkspartei derzeit in allen Bundesländern drauf und dran, Kandidaten zu finden und zu reihen – was dieses Jahr aus mehreren Gründen Zündstoff birgt.

Zum Beispiel in Tirol. Als Listenerster steht Andrä Rupprechter zumindest inoffiziell inzwischen fest. Tirols Landeshauptmann Günther Platter und Parteichef Sebastian Kurz sollen sich auf ihn verständigt haben. Auch an einem Personenkomitee für Rupprechter, das Christoph Swarovski – Präsident der Industriellenvereinigung Tirol – anführen soll, werde bereits gearbeitet, erfährt man aus Parteikreisen. Das Problem: Auch der Ex-Abgeordnete und Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl möchte ins Parlament.

Erstplatzierte muss sich "bemühen"

Auf der Landesliste könnte das schwierig werden, da Kurz nur paritätisch besetzte Listen akzeptiert. Nach Rupprechter muss also eine Frau kommen. Platz drei soll Hörl zu unsicher sein. Möglich wäre noch die Kandidatur auf der Regionalliste Innsbruck-Land, dafür müsste allerdings der derzeitige Abgeordnete Hermann Gahr auf seine Kandidatur verzichten.

Kurz hat kürzlich außerdem die Hürde gesenkt, die übersprungen werden muss, damit ein Kandidat durch Vorzugsstimmen vorgereiht wird. "Der Erstplatzierte muss sich also bemühen, damit er nicht von hinten überholt wird", sagt Parlamentsexperte Werner Zögernitz. Hinzu kommt auch noch, dass die türkise Bundesliste ausschließlich mit Quereinsteigern besetzt werden soll – was den Wettbewerb unter den eingesessenen Funktionären zusätzlich befeuert. Nach der Nationalratswahl 2013 waren neun Parlamentarier über die – damals noch schwarze – Bundesliste in den Nationalrat eingezogen.

Deadline Mitte August

Offiziell abgesegnet werden die ÖVP-Landeslisten erst am 16. August von den Landesparteivorständen. Zwei Tage später endet auch die gesetzliche Frist zur Einreichung. In Niederösterreich gilt Innenminister Wolfgang Sobotka als Fixstarter für Platz eins. Ob er im Falle einer ÖVP-Regierungsbeteiligung Minister bleiben darf, ist hingegen unsicher. ÖVP-Chef Kurz soll nicht gerade begeistert sein über den Politikstil Sobotkas. Eine wahnsinnig große Rolle spielt die Landesliste im schwarzen Kernland aber nicht. Neun von elf niederösterreichischen ÖVP-Mandaten wurden bei der letzten Wahl über die Regionalwahlkreise erreicht. Dort stehen die Kandidaten und Kandidatinnen für die Wahl im Oktober auch schon fest: In vier von sieben Wahlkreisen wurde eine Frau auf Platz eins gereiht, wodurch immerhin der Frauenanteil steigen sollte.

Fraglich ist, was aus den aktuellen Regierungsmitgliedern Wolfgang Brandstetter und Hans Jörg Schelling wird. Auf Sobotka wird in Niederösterreich eine Frau folgen, Platz drei ist bereits unsicher. Im Büro des Justizministers heißt es, er habe sich noch nicht entschieden, was er tun will. In ÖVP-Kreisen wird aber spekuliert, ob Brandstetter nicht auch auf der Bundesliste stehen könne, da er ja bis heute kein Parteimitglied und somit auch ein Quereinsteiger sei. Schelling wird nachgesagt, er habe ohnehin vor, aus der Politik auszusteigen. In seinem Ministerium will man die Listenerstellung in Niederösterreich nicht kommentieren.

Lopatka liefert sich ein Match

Einen Umbruch wird es in der Steiermark geben. Reinhold Lopatka, den Kurz offenbar nicht mehr als ÖVP-Klubchef will, liefert sich im Wahlkreis Steiermark Ost ein Match mit dem Gleisdorfer Bürgermeister Christoph Stark. Eine Absicherung über die Landesliste wird es für Lopatka nicht geben, heißt es. Die Landesliste soll außerdem von einer Frau angeführt werden. Im Gespräch sind die beiden Bürgermeisterinnen Eva Schmidinger (Pernegg) und Simone Schmiedtbauer (Hitzendorf) sowie Cattina Leitner, die Ehefrau von Andritz-Chef Wolfgang Leitner. Auf Platz zwei könnte Werner Amon stehen, den Kurz vor ein paar Wochen als ÖVP-Generalsekretär abmontiert hat.

Einer wird jedenfalls aus dem Parlament ausziehen: Engelbert Dollfuß. Die ÖVP nimmt den Parlamentsumbau zum Anlass, das umstrittene Porträt von ihm aus dem Klubraum zu entfernen, wie am Mittwoch bekannt wurde. (Katharina Mittelstaedt, Günther Oswald, 20.7.2017)