Der FPÖ-Abgeordnete Johannes Hübner, hier als Anwalt von Parteichef Heinz-Christian Strache (rechts) in einem Prozess: Rücktrittsforderungen hatten keine Konsequenzen.

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Wien – Nach einem Tag hat die FPÖ offiziell auf die antisemitischen Anspielungen ihres Abgeordneten Johannes Hübner reagiert. Er habe "aufgrund der Medienberichte über angebliche NS-Codes beziehungsweise antisemitische Äußerungen" ein persönliches Gespräch mit dem Mandatar geführt, ließ Generalsekretär Herbert Kickl in einem schriftlichen Statement wissen. Hübner habe dabei "glaubhaft versichert, dass jedweder Vorwurf in Richtung einer antisemitischen Intention" nicht den Tatsachen entspreche, und versprochen, "künftig bei seiner Wortwahl mit besonderer Vorsicht vorzugehen, um selbst die Möglichkeit von Missinterpretationen weitestgehend zu vermeiden". Für die FPÖ, sagt Kickl, sei die Sache damit erledigt.

Auslöser der Diskussion war ein Artikel des STANDARD, der über einen Auftritt Hübners bei einem Rechtsextremen-Kongress in Thüringen im Juni 2016 berichtete. Vor Publikum hatte der außenpolitische Sprecher der FPÖ eine aus den 1930er-Jahren stammende Verunglimpfung des Verfassungsrechtlers Hans Kelsen als "Hans Kohn" – ein weitverbreiteter jüdischer Nachname – verwendet. Auch über Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern hatte Hübner Einschlägiges mitzuteilen: dass dieser Friedrich-Torberg-Preisträger der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien ist und "exzellentest vernetzt in der Logenszene" sei.

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, hatte daraufhin Hübners Rücktritt gefordert: "Wenn es die FPÖ ernst meint, dass sie sich vom Antisemitismus verabschiedet hat, dann wäre es ein Gebot, Hübner aus der Partei auszuschließen." Auch Kern reagierte: "Diese Mischung aus Antisemitismus und Verfolgungswahn ist absolut jenseitig und völlig inakzeptabel." Um dieses Verhalten zu bewerten, müsse die SPÖ nicht lange ihren neuen Wertekompass bemühen, der zur Beurteilung künftiger Koalitionspartner dienen soll.

FPÖ in der Gegenoffensive

Kickl versucht hingegen den Spieß umzudrehen. Sollte die Debatte über Hübner nun weitergetrieben werden, dann werde jedem klar, dass es sich um eine von langer Hand geplante Negativkampagne der in den Seilen hängenden SPÖ handle. Es passe nicht zusammen, dass Kern einen Wertekompass erstelle und gleichzeitig einen "Experten für Negativcampaigning" – gemeint ist offenbar der aus Israel stammende Kanzlerberater Tal Silberstein – einsetze.

Eine Reaktion auf die Causa Hübner gibt es auch von FPÖ-Vizechef Norbert Hofer. "Mir ist das nicht egal", sagt der Dritte Nationalratspräsident auf Nachfrage des STANDARD am Donnerstag: Als österreichischer Politiker müsse man mit "Aussagen in diese Richtung" besonders vorsichtig sein, das gelte gerade für Freiheitliche. Da er derzeit im Ausland weile, könne er den Sachverhalt aber nicht wirklich bewerten, sagt Hofer – und verweist auf Hübners Aussagen im Gespräch mit Kickl.

"Kopfwäsche reicht nicht"

"Die FPÖ ist unglaubwürdig", sagte IKG-Präsident Deutsch am Donnerstag zu den Beteuerung, künftig in der Wortwahl vorsichtiger zu sein. Er sieht stattdessen einen "Schulterschluss der Parteiführung" mit ihrem Mandatar. "Eine Kopfwäsche reicht nicht aus, um antisemitischen Verschwörungstheorien entgegenzuwirken". Allen anders lautenden Bekundungen zum Trotz gebe die FPÖ-Spitze Antisemitismus dann nach, "wenn er in den eigenen Reihen zu finden ist". Nach wie vor fordert die IKG personelle Konsequenzen bei den Freiheitlichen. Deutsch: "Mit einem Rücktritt und dem Parteiausschluss hätte die FPÖ einen Schritt in die richtige Richtung tun können. Sie wählte den Schritt in die Vergangenheit."

Bundespräsident Alexander Van der Bellen reagiert bestürzt auf die Äußerungen Hübners: "Mit Antisemitismus zu spielen, von dem jeder wissen muss, wohin er geführt hat, ist in höchstem Maße verantwortungslos", sagte das Staatsoberhaupt zum "Kurier".

Auch Außenminister und ÖVP-Chef Sebastian Kurz hält Hübners Feststellungen für "inakzeptabel": "In Österreich darf es keinen Platz für Antisemitismus geben."

Grüne fordern Rücktritt

Auch die Grünen bleiben bei ihrer Rücktrittsaufforderung. Man warte noch immer auf eine Erklärung, was Hübner überhaupt bei einem Treffen von Holocaustleugnern zu suchen habe, kritisierte der Grüne Abgeordnete Harald Walser am Donnerstag.

Dass Hübner bei dem Treffen antisemitische Codes verwendet habe, ist laut Walser belegbar. Er habe inzwischen selbst den Audiomitschnitt gehört. "Wer das nicht als antisemitisch interpretiert, sollte ganz schnell Nachhilfe nehmen und vor allem aus der Politik verschwinden."

Kritik übte Walser auch an FPÖ-Generalsekretär Kickl. "Die offizielle Deutung von Herbert Kickl, Johannes Hübners antisemitische Äußerungen seien nur missinterpretiert worden, um dann gleich den aus Israel stammenden SPÖ-Berater Tal Silberstein als Schuldigen für ein angebliches Negativ-Campaigning auszumachen, richtet sich wohl von selbst." Das sei nicht nur eine Leugnung der Zitate, die "keinen wie auch immer gearteten Interpretationsspielraum offenlassen, sondern im Grunde auch noch eine Doppelung des blauen Antisemitismus". (red, 20.7.2017)