Werden die Pommes zu braun, entsteht das möglicherweise krebserregende Acrylamid.

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Wien – Trotz schwerwiegender Bedenken halte die EU-Kommission an ihrem Plan fest, die Acrylamidverordnung zu verabschieden, klagt der Fachverband der Gastronomie in einer Aussendung. Experten der EU-Mitgliedsländer billigten dieser Tage eine Vorlage der EU-Kommission mit neuen Regeln für Lebensmittelhersteller, Restaurants und Bäckereien. Am Mittwoch hat der Entwurf den zuständigen Ausschuss des Komitees für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel passiert.

Dahinter stecken neue EU-Regeln, die ab 2019 das möglicherweise krebserregende Acrylamid aus Lebensmitteln wie Pommes frites, Toastbrot, Chips und Knäckebrot so weit wie möglich zurückdrängen sollen.

Rösten, Backen, Frittieren

Acrylamid entsteht beim Rösten, Backen, Braten und Frittieren insbesondere von besonders stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln und Mehl. In Tierversuchen wurde ein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen, wenn man den Stoff zu sich nimmt. Ziel der neuen EU-Regeln ist es, beim Garen möglichst wenig Acrylamid entstehen zu lassen.

So wird zum Beispiel vorgegeben, Kartoffelsorten mit wenig Stärke zu verwenden und Pommes frites vor dem Frittieren einzuweichen oder zu blanchieren, um die Stärke auszuwaschen. Außerdem sollen die Hitze beim Garen auf das Nötigste begrenzt und die Waren so wenig wie möglich gebräunt werden, um die Entstehung von Acrylamid zu drosseln. Bräunungstabellen sollen dazu in der Praxis einen Anhaltspunkt geben.

Die Gastronomie befürchtet großen Mehraufwand und wehrt sich gegen die geplanten Auflagen. Gesundheitsexperten mahnen jedoch, die Aufnahme von Acrylamid so weit wie möglich zu verringern. "Es sieht so aus, als ob die Einwände der europäischen Gastronomieverbände im Konsultationsverfahren nicht berücksichtigt wurden. Das bedeutet, dass sich die Betriebe europaweit wieder auf neue gesetzliche Vorgaben einstellen müssen und damit die bereits stark überregulierte Gastronomie weiter belastet wird", so Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie.

Freiwillige Kampagne

Gemeinsam mit den anderen Europäischen Gastronomieverbänden hat der Fachverband im Vorfeld für freiwillige Informationskampagnen anstelle von neuen gesetzlichen Verpflichtungen plädiert: "Mit gut gemachten Informationskampagnen könnte man die vermeintliche Acrylamidbelastung viel effektiver reduzieren, da die Konsumenten solche Maßnahmen auch Zuhause umsetzen können. Jetzt haben wir die Situation, dass das Thema von Anfang an eine negative Konnotation aufweist und von der Bevölkerung – insbesondere den Unternehmerinnen und Unternehmern – als unverhältnismäßige Bevormundung und sinnlose Bürokratie wahrgenommen wird.

Die konkreten Verpflichtungen für den typischen Gastronomiebetrieb umfassen laut Fachverband im Wesentlichen die sachgerechte Lagerung und Zubereitung von betroffenen Produktgruppen. Detaillierte Analyse- und umfangreiche Aufzeichnungspflichten würden den großen Fastfood Ketten vorbehalten bleiben. Künftig soll laut Pulkau in jeder Küche zudem ein einheitlicher "Farbguide" hängen, um ein zu starkes Bräunen von Pommes und Toastbrot zu verhindern. Strafen soll es allerdings laut der Verordnung keine geben. Lediglich das interne System zur Acrylamidvermeidung sei zu evaluieren, wenn Abweichungen festgestellt werden. "

Auf die Barrikaden

Viele Punkte der Verordnung würden die derzeitige betriebliche Praxis ohnehin wiederspiegeln, so Pulker. "Sollten in Folge allerdings neue Aufzeichnungspflichten oder sogar Strafen durch das Ministerium eingeführt werden, steigen wir auf die Barrikaden", so Pulker.

Unterstützung kommt am Freitag direkt vom Minister: "Diese Verordnung ist das beste Beispiel dafür, dass sich die EU zu sehr in Details einmischt, statt sich um die großen Probleme zu kümmern", sagte Andrä Rupprechter (ÖVP). (red, 21.7.2017)