"Schauplatz Gericht": Der Mann in Tracht beherbergt Flüchtlinge und wird vom Nachbarn schikaniert.

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Keine andere ORF-Show bildet uns Österreicher trefflicher ab als die Gerichtssendung Am Schauplatz Gericht. Hier, vor der Kulisse spinatgrüner Hänge im Ennstal und kakaobrauner Äcker im Waldviertel, wird man Zeuge verbissen geführter Kleinkriege.

In der jüngsten Ausgabe der Sendung wurde von Peter Resetarits und seinem Team das tragische Grundmotiv vieler Gerichtsgemetzel mit sorgsamer Akribie beleuchtet. Es ist das gute, alte Recht auf Sesshaftigkeit. Denn wer ein Grundstück innehat, stößt unweigerlich an benachbarte andere. Dieser an sich triviale Umstand sorgt zuverlässig für Zornesfalten und Kränkungen. Der nimmermüde Teufel ist ein Büttel des Grundbuches. Er steckt zum Beispiel im Detail des Zufahrtsweges.

Nicht zu verwelktes Sitzfleisch

Wer etwa ein verfallenes Haus besitzt, muss es darum noch nicht betreten können. Der Nachbar kann das Umland lastenfrei erworben haben, er kann Zäune errichten und den Hausbesitzern hämisch ausrichten lassen, auch früher sei niemand über den zugangshemmenden Grund gefahren! Auf der Strecke bleibt für den Hausinhaber das Wegerecht. Dieses kann er sich aber – vorausgesetzt, das Sitzfleisch ist nicht zu welk – regelrecht ersitzen. "Gutgläubig" muss es halt sein, das Sitzfleisch.

Noch etwas, was man bei uns auf dem Land nicht machen darf: "ume-ockern" . Wer solches tut, wirft nicht etwa mit hellbrauner Farbe um sich. Er vergeht sich ackernd an einem Streifen von Nachbars Grund. Das Fernsehen zeigte daraufhin einige smarte Anwälte, die wegen Streitwerten von ein paar lumpigen Euro für ihre Auftraggeber vor Gericht ziehen. Österreich ist ein gutes Land. Es streitet. Die bebenden Lippen seiner Bewohner sind seine Tragik. (Ronald Pohl 21.7.2017)