Ankara – Die Türkei hat nach Angaben des deutschen Innenministeriums die Liste mit verdächtigen deutschen Firmen zurückgezogen. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu habe bei einem Telefonat mit seinem deutschen Amtskollegen Thomas de Maizère am Montag von einem "Kommunikationsproblem" der türkischen Polizeibehörden gesprochen, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Laut einem Bericht des "Spiegel" hatte die Türkei im Mai über Interpol eine Liste mit 681 deutschen Unternehmen nach Berlin geschickt. Darin wurde der Verdacht geäußert, dass die Unternehmen, darunter Industrieriesen wie BASF und Daimler, mit mutmaßlichen Unterstützern des Predigers Fethullah Gülen in der Türkei in Verbindung stehen. Am Wochenende zog die Türkei die Liste laut "Spiegel" formal über Interpol zurück.

"Kommunikationsproblem"

Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag bestätigte ein "Kommunikationsproblem" . Zuvor hatte schon ein Sprecher des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere mitgeteilt, der türkische Innenminister Süleyman Soylu habe in einem Telefonat mit de Maiziere von einem "Kommunikationsproblem" gesprochen.

Soylu habe versichert, dass es keine Ermittlungen gegen die auf einer Liste aufgeführten Unternehmen gebe. Bozdag, der bisher Justizminister war, sagte am Montag in Ankara, über Interpol sei eine Liste mit Namen von 140 verdächtigen türkischen Firmen an Länder übermittelt worden, mit denen diese Firmen Handel betrieben. "Die Bitte um Informationen ist am Wochenende zurückgezogen worden. Es ging definitiv nicht um irgendwelche Untersuchungen gegen deutsche Firmen."

Bozdag erklärte nicht, wie seine Aussagen mit der Liste mit 681 deutschen Firmen zusammenpassen, die nach Angaben der Bundesregierung an Deutschland übermittelt worden war. Der türkische Vize-Ministerpräsident, der zugleich Regierungssprecher ist, betonte erneut: "Es gibt keine Strafverfolgung, keine Untersuchungen, die die Justizbehörden gegen deutsche Unternehmen in der Türkei oder deutsche Unternehmen in Deutschland ausführen."

Erdoğan: Falsche Berichte

Am Sonntag noch hatte sich der türkische Präsident Tayyip Erdoğan im Streit mit Deutschland jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten verbeten. Die Türkei sei "ein demokratischer, sozialer Rechtsstaat", sagte er vor seiner Abreise nach Saudi-Arabien. "Niemand hat das Recht, sich in inneren Angelegenheiten der Türkei einzumischen."

Die Türkei werde "alles in ihrer Macht stehende tun", um gegen "Provokateure" im Land vorzugehen. Deutschen Politikern warf er vor, auf Kosten der Türkei Wahlkampf zu betreiben. Auch die Berichterstattung über die Türkei kritisierte er. Die medialen Angriffe auf die Türkei und insbesondere auf ihn selbst seien "unverzeihlich".

Erdoğan betonte allerdings zugleich die "strategische Partnerschaft" zwischen Deutschland und der Türkei. "Wir sind zusammen in der Nato. Wir sind ein Beitrittskandidat der EU", sagte Erdoğan. "Es sollten keine Schritte unternommen werden, die diese Partnerschaft überschatten." Er verwies erneut auf die Unabhängigkeit der türkischen Justiz. Bei den Berichten, dass gegen deutsche Firmen in der Türkei wegen Terrorunterstützung ermittelt werde, handle es sich außerdem um "Lügen". Allerdings gebe es solche Ermittlungen gegen türkische Firmen. Er warf Deutschland ein weiteres Mal vor, Terroristen aus der Türkei Unterschlupf zu bieten, statt diese auszuliefern. (APA, 23.7.2017)