Sicherheitskräfte entfernen eine Sicherungseinrichtung am Tempelberg.

Foto: AFP PHOTO / Ahmad GHARABLI

Jerusalem – Nach tagelangen Protesten und blutigen Unruhen hat Israel die umstrittenen Metalldetektoren am Tempelberg wieder entfernt. Vorausgegangen war ein Beschluss des Sicherheitskabinetts.

Dieses habe auf Empfehlung aller Sicherheitsorgane entschieden, die Metalldetektoren durch "Sicherheitsinspektionen auf der Grundlage hochentwickelter Technologie und andere Mittel" zu ersetzen, teilte das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu am Dienstag mit. Die neuen Sicherheitsvorkehrungen, die nach einem Anschlag auf israelische Polizisten mit zwei Toten installiert worden waren, hatten die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern zuletzt weiter angeheizt.

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Arbeiter demontierten die Metalldetektoren in der Nacht auf Dienstag an einem Zugang zum Tempelberg, berichtete ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP.

Neuerliche Unruhen in der Nacht

In Jerusalem ist es in der vergangenen Nacht trotzdem zu neuen Unruhen gekommen. Bei Konfrontationen mit Polizisten wurden in der Nacht auf Mittwoch 16 Palästinenser verletzt, davon drei schwer, wie der palästinensische Rettungsdienst Roter Halbmond berichtete.

Wie in den vergangenen Tagen hatten Tausende muslimische Gläubige in den Straßen im Bereich der Altstadt gebetet. Nach dem Nachtgebet kam es zu Zusammenstößen mit der israelischen Polizei.

Mehrere palästinensische Vertreter riefen am Dienstagabend in Ramallah zu weiteren Protesten auf. Wasel Abu Yussef, führendes Mitglied der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), forderte nach Angaben der Nachrichtenagentur Maan die Palästinenser auf, zu Kontrollpunkten der israelischen Armee im Westjordanland zu gehen und zu protestieren.

UN-Sondergesandter sieht Gefahr einer Eskalation

Unklar an dem Beschluss des Sicherheitskabinetts blieb zunächst, was unter "hochentwickelter Technologie" zu verstehen ist. Neben Metalldetektoren waren zuletzt auch Kameras an den Eingängen installiert worden.

Angesichts der gewalttätigen Konflikte hatte der UN-Sondergesandte Nikolaj Mladenow zuvor erklärt, dass die Gefahr einer Eskalation steige, wenn bis zu den bevorstehenden Freitagsgebeten der Muslime keine Lösung gefunden werde. Der Streit um den Tempelberg könne "weit über die Stadtmauern der Altstadt hinaus katastrophale Kosten" verursachen. Diese Auswirkungen könnten "weit über Israel und Palästina" und "weit über den Nahen Osten" hinausreichen.

Reaktion auf Anschlag

Israel hatte nach einem Anschlag auf zwei israelische Polizisten in der Jerusalemer Altstadt Mitte Juli die Kontrollen zum Tempelberg verschärft und Metalldetektoren sowie zusätzliche Überwachungskameras am Eingang installieren lassen. Die Palästinenser sehen darin einen Versuch Israels, mehr Kontrolle über den Tempelberg zu gewinnen. Der palästinensische Botschafter Rijad Mansur hatte den Sicherheitsrat aufgefordert, den Abbau der Metalldetektoren und Überwachungskameras zu verlangen.

Mladenow äußerte sich vor Journalisten in New York, nachdem er dem UN-Sicherheitsrat über die jüngsten Entwicklungen Bericht erstattet hatte. Seit Freitag wurden in dem Konflikt fünf Palästinenser getötet, drei Israelis wurden in einer Siedlung im Westjordanland in ihrem Haus von einem palästinensischen Terroristen erstochen.

Die Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats wurde von Frankreich, Schweden und Ägypten beantragt. Der Tempelberg – auf Arabisch Al-Haram Al-Scharif (edles Heiligtum) – mit der Al-Aksa-Moschee, dem Felsendom und der Klagemauer ist gläubigen Muslimen und Juden gleichermaßen heilig.

Jordaniens König intervenierte

Auch der jordanische König Abdullah II., der aufgrund des israelisch-jordanischen Friedensvertrages von 1994 Hüter der heiligen muslimischen Stätten in Jerusalem ist, hatte in einem Telefonat mit Netanjahu gefordert, die neuen Sicherheitsvorkehrungen am Zugang zum Tempelberg zu entfernen.

Auch die USA schalteten sich in den eskalierenden Streit zwischen Israelis und Palästinensern ein. Jason Greenblatt, der Nahost-Beauftragte von US-Präsident Donald Trump, wurde nach offiziellen israelischen Angaben am Montag gemeinsam mit dem US-Botschafter in Israel, David Friedman, von Netanjahu empfangen.

Die jüngste Gewalttat in der Region ereignete sich am Montag: Ein Palästinenser griff nahe Tel Aviv einen Israeli mit einem Messer an. Der Angreifer wurde nach Polizeiangaben festgenommen. Der arabischstämmige Israeli wurde bei dem Vorfall nicht lebensbedrohlich verletzt. Die Polizei vermutet, der Palästinenser sei davon ausgegangen, dass das 32-jährige Opfer ein Jude sei.

Lob aus den USA

Die USA haben Israel für den Abbau der Metalldetektoren am Tempelberg gelobt. "Die Vereinigten Staaten spenden den Bestrebungen Israels Beifall, die Sicherheit aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Spannungen in der Region zu reduzieren", teilte das Weiße Haus am Dienstag (Ortszeit) mit. (red, APA, 26.7.2017)