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Recep Tayyip Erdogan

Foto: AP

"Die Türkei hängt ganz massiv von Europa und dem Westen ab. Auch wegen des Türkei-Deals in der Migrationsfrage sind wir weit weniger erpressbar, als so mancher uns das eingeredet hat." So kämen die Direktinvestitionen fast alle aus dem Westen. "Vor diesem Hintergrund sieht man, wie die Entwicklung in der Türkei laufen würde, wenn der Westen sich zurückzöge."

Also sprach Bundeskanzler Christian Kern zur "FAZ" über das große Thema: Soll Europa die ununterbrochenen Provokationen und Gesetzesbrüche des türkischen autoritären Herrschers Erdogan endlich auch mit wirtschaftlichen Maßnahmen beantworten?

Es stimmt, was der Kanzler sagt, es gibt nur ein Problem damit: Erdogan ist in dieser Hinsicht nicht mehr wirklich rational. Seine autokratische Politik speist sich nicht nur aus dem Wunsch, die Türkei völlig zu beherrschen, sondern auch aus einer tiefen, zum Teil religiös, zum Teil nationalistisch motivierten Abneigung gegen alles, wofür der Westen steht: Liberalität, Freiheit, auch in der Lebensführung, Trennung von Staat und Religion.

Erdogan wird sehr viel aufs Spiel setzen, um seine Türkei antiwestlich zu halten. Dennoch muss Europa auf diesen geballten Unverstand flexibel, aber standhaft reagieren. Der nächste Schritt ist die Frage der lange geplanten Zollunion. Die Verbindungen sind zu eng, um unwidersprochen dem Aufbau einer irrationalen Diktatur zuzusehen. (Hans Rauscher, 26.7.2017)