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Arbeiterinnen in einem Foxconn-Werk in China. Foxconn wird wegen angeblich widriger Arbeitsbedingungen in seinen Werken immer wieder kritisiert.

Foto: Reuters

Wien – Der Triumph für Donald Trump schien perfekt. Nur wenige Wochen nach seinem Wahlsieg im November 2016 ließ sich der angehende US-Präsident für seinen ersten wirtschaftspolitischen Erfolg feiern. Trump hatte die Eigentümer des Unternehmens Carrier dazu gebracht, die Verlagerung eines kompletten Werkes nach Mexiko abzublasen.

Carrier stellt in Indianapolis, im US-Bundesstaat Indiana Klima- und Heizanlagen her und wollte sein Werk mit rund 1400 Beschäftigten schließen. Nachdem Trump Steuergutschriften zugesagt hatte, beschloss Carrier den Standort zu belassen. Die Zeit, indem US-Unternehmen auf dem Rücken der Arbeiter Profite machen, sei vorbei, sagte Trump damals. "So wird das ab jetzt gemacht werden."

Ein halbes Jahr später scheint der Glanz von der Rettungsaktion abgefallen zu sein. Die Vereinbarung mit Trump beinhaltete nämlich, dass rund die Hälfte der Carrier Mitarbeiter in Indianapolis ihren Job sehr wohl verlieren werden. Medial fand das zunächst weniger Beachtung.

Grafik: DER STANDARD

Doch vor wenigen Wochen hat die Kündigungswelle begonnen. Carriers Eigentümer, die United Technologies Electronic Controls, begann zudem mit der Stilllegung eines Zulieferwerkes in Huntington, ebenfalls Indiana. Auch dort werden hunderte Jobs wegfallen.

US-Medienberichten zuletzt regelmäßig über das Schicksal der Arbeiter, die in Interviews erzählen, wie sie sich von Trump "betrogen" fühlen.

Die Episode illustriert, wie schwer es für den US-Präsidenten sein wird eines seiner zentralen Wahlversprechen, nämlich die Wiederbelebung der US-Industrie, umzusetzen. Die Arbeitslosigkeit in den USA ist zwar auf einem Tiefstand. Doch die Zahl der Jobs im Industriesektor hat sich nach dem Absturz in Folge der Krise nur sehr moderat erholt. Große Investments konnte Trump bis zum Mittwoch nicht verkünden.

Zusage von Foxconn

Dann aber kündigte der US-Präsident am Abend im Weißen Haus eine große Investition an. Der taiwanesische Auftragsfertiger Foxconn wird im US-Bundesstaat Wisconsin für zehn Milliarden US-Dollar (8,52 Milliarden Euro) ein neues Werk bauen. Trump sagte, das Werk werde schon zu Beginn 3.000 "amerikanischen Arbeitern" einen neuen Job bieten. Viele weitere würden folgen, sagte er. Das Potenzial liege bei 13 000 Arbeitsplätzen.

Die Fabrik wird Display-Panels für Fernsehgeräte herstellen. Foxconn gehört der Flachbild-TV-Pionier Sharp. Trump sagte, der Foxconn-Deal sei ein Beweis dafür, wie zugkräftig das Label "Made in the USA" sei. Foxconn Gründer und Hauptaktionär Terry Gou kündigte bereits im Juni den Bau eines neuen Werkes für TV-Bildschirme in den USA an. Sharp hatte zuletzt Marktanteile verloren und war in die roten Zahlen gerutscht. Neue Investments sollten dem Konzern zu neuer Stärke verhelfen.

Im Beisein von Gou sagte Trump: "Wäre ich nicht gewählt worden, würde er unter Garantie keine zehn Milliarden Dollar investieren." Über eine Milliarden-Investition von Foxconn in den USA wird schon seit einiger Zeit spekuliert. Das geplante Werk soll 2020 fertig sein.

Warnung vor überzogenen Hoffnungen

Wie sich die Foxconn-Pläne auf den Jobmarkt auswirken, ist dennoch unklar. Vorerst werden dadurch laut US-Regierungskreisen nur 3.000 neue, gute Jobs geschaffen. Trump hat unter Arbeitern viele Unterstützer, besonders im Rust Belt, die hoffen, der Präsident werde mehr gut bezahlte Industriejobs schaffen.

Das Congressional Research Service, das für das Repräsentantenhaus in Washington Analysen verfasst, warnte in einem Bericht im Mai aber diesbezüglich vor überzogenen Hoffnungen.

Neue Technologien kosten Jobs

In den USA werden heute deutlich mehr Güter erzeugt, als vor zehn oder zwanzig Jahren, auch das Tief als Folge der Wirtschaftskrise wurde überwunden. Dennoch sind viele Industriearbeitsplätze verschwunden, allein fünf Millionen seit Jahr 2000. Dafür gibt es mehrere Ursachen: Einzelne Zweige (Textilindustrie) sind in Länder mit niedrigerem Lohnniveau abgewandert. Hinzu kommt der technologische Fortschritt, der zum Wegfall vieler Arbeitsplätze geführt hat. Auch bei Carrier gingen die Kündigungen mit Investments in neue Fertigungsanlagen einher.

Das Congressional Research Service zeigt zudem, dass in der US-Industrie heute mehr gut ausgebildete Techniker und Ingenieure arbeiten, dafür aber weniger klassische Arbeiter. Fazit: Die Zeit, als in den 60er- und 70er-Jahren geringe Ausbildung für gut bezahlte Jobs in der Warenfertigung ausreichte, ist vorbei. (szi, 27.7.2017)