NHS-Ärzte sollen zukünftig keine Rezepte mehr für Globuli und Co ausstellen.

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London – Das Gesundheitssystem der Briten unterscheidet sich stark vom österreichischen Modell der Krankenversicherungen. Im Vereinigten Königreich regelt und organisiert der staatliche Gesundheitsdienst NHS, der National Health Service, die Grundversorgung. Er wird aus Steuergeldern und nicht über die Sozialversicherung finanziert. Alles, was aus Sicht des Staates medizinisch notwendig ist, erhalten Patienten in öffentlichen Gesundheitszentren und Kliniken kostenlos. Der Rest muss selbst bezahlt werden, sofern er nicht durch eine Privatversicherung abgedeckt wird.

Bislang waren im Leistungskatalog auch homöopathische Mittel und Therapien auf Staatskosten enthalten – vorausgesetzt, sie wurden von Ärzten verschrieben, die Teil des NHS sind. Der britische Staat will nun die Kosten senken und setzt unter anderem bei der Homöopathie den Sparstift an. "Im besten Fall verspricht Homöopathie einen Placeboeffekt und ist ein Missbrauch von knappen NHS-Mitteln, die besser für Behandlungsmethoden verwendet werden sollten, die wirken", begründet Simon Stevens, Chef des NHS England die Entscheidung.

Nicht nur Homöopathie betroffen

Das tatsächliche Einsparungspotenzial fällt auf den ersten Blick sehr gering aus: Auf rund 92.000 Pfund (etwa 107.000 Euro) schätzt der NHS die Ausgaben für die Verschreibung von Globuli und Co im vergangenen Jahr. Nicht enthalten sind hier allerdings die Kosten von zwei Behandlungszentren in London und Glasgow, die auch homöopathische Methoden anbieten. Eine eindeutige Zurechnung sei wegen der Vermischung von Therapien schwierig.

Was zukünftig noch kostenpflichtig werden soll: Phytopharmaka, medizinische Sonnenschutzcremes, Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren und diverse Reise-Schutzimpfungen. Gestrichen werden dürften außerdem Medikamente wie Liothyronin, das bei einer Schilddrüsenüberfunktion verschrieben wird, das Antidepressivum Trimipramine oder Lidocaine-Pflaster gegen Rückenschmerzen.

Zunehmende Kritik an Homöopathie

Cristal Sumner, Chefin der britischen Homöopathie-Gesellschaft zeigt sich wenig begeistert von den Plänen des britischen Staates: "Diese Empfehlungen sind nicht kostensparend, weil den Patienten statt homöopathischen Mitteln teurere konventionelle Medikamente verschrieben werden", argumentiert sie.

Auch in anderen Ländern geraten die Befürworter von Homöopathie zunehmend unter Druck: Im Jahr 2015 veröffentlichte etwa die australische Gesundheitsbehörde eine Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass Homöopathie nicht besser als ein Placebo wirkt.

Zu Beginn des Jahres 2017 legte die US-Wettbewerbsbehörde (Federal Trade Commission) nach: In Zukunft müssen nicht verschreibungspflichtige homöopathische Produkte strengere Wirksamkeits- und Sicherheitsprozesse durchlaufen. Können vom Hersteller keine aussagekräftigen Studien zur Wirksamkeit des Mittels vorgelegt werden, ist er verpflichtet Warnhinweise ("Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass dieses Produkt wirkt") aufzudrucken. (red, 27.7.2017)