Washington/Wien – Das nächste Votum, die nächste Niederlage: Nach der Aufnahme der Senatsdebatte am Dienstag hat die republikanische Führung in der Nacht auf Donnerstag auch die zweite Abstimmung über das Ende von Obamacare verloren. Eine Mehrheit beim nächsten Votum schien alles andere als sicher. Noch immer steht einer Einigung die Kluft im Weg, die sich zwischen den republikanischen Senatoren aufgetan hat. Zugestimmt haben die Abgeordneten bisher nur – mit der denkbar knappsten Mehrheit von 50 Senatoren plus Vizepräsident Mike Pence – der Aufnahme der Senatsdebatte. Was genau das Resultat sein soll, ist aber nicht klar.

· Mit 43 zu 57 Stimmen gescheitert ist am Dienstag bereits jene Maßnahme, die Präsident Donald Trump und die Mehrheitsführer der Republikaner im Senat und im Repräsentantenhaus lange bevorzugt hatten: Repeal and Replace. Diese hätte vorgesehen, dass Obamacare durch ein neues System ersetzt wird, das wesentliche Teile der Versicherungsreform wieder zurücknähme. Statt einer Versicherungspflicht sieht es nur noch eine Warteperiode zwischen Abmeldung und Neuanmeldung vor. Versicherungen könnten zudem älteren Kunden wesentlich höhere Prämien abverlangen als jungen.

Die Zahl der Erkrankungen, deren Behandlung durch die Versicherung bezahlt wird, würde drastisch gesenkt – auch Kosten für Entbindungen würden nicht mehr übernommen. Staatliche Unterstützungen für den Versicherungskauf würden gesenkt und überhaupt nur noch für weniger umfangreiche Versicherungspläne vergeben. Und, ein wichtiger Punkt: Die Ausweitung des Krankenversicherungssystems Medicaid, das Bedürftigen zugutekommt, würde zurückgenommen. Das wollten viele Moderate nicht mittragen, die um die Stimmen dieser Menschen fürchten. Konservativen ging der Plan hingegen nicht weit genug, sie wollten stattdessen:

· Repeal and Delay. Gemeint ist damit die in Gesetz gegossene Verpflichtung, Obamacare binnen zwei Jahren zu streichen. In der Zwischenzeit sollten sich die Abgeordneten auf eine andere Lösung einigen. Da völlig unklar ist, was folgen könnte, erscheint es denkbar, dass es keinen Ersatz geben würde. Auch das ging mehreren moderaten Senatoren zu weit, der Plan scheiterte mit 45 zu 55.

· Zur Abstimmung gelangen sollte daher als nächstes der Skinny Repeal. Dieser sieht vor, nur jene Teile von Obamacare zurückzunehmen, die den Republikanern besonders missfallen: die Versicherungspflicht für den Einzelnen, jene für große Arbeitgeber, und bestimmte Steuern. Die Ausweitung von Medicaid bliebe unberührt, weshalb die Parteiführung auch auf die Stimmen der Moderaten hofft.

Allerdings ist auch diese Idee sehr umstritten, weil sie zahlreiche Unversicherte produzieren würde, ohne aber das ungebliebte Obamacare ganz zurückzunehmen. Mehrere Senatoren hielten am Donnerstagabend eine etwas ungewöhnlich Pressekonferenz, in der sie ihre Zustimmung zum "Skinny Repeal" davon abhängig machten, dass dieser später nicht Gesetz werden könne, sondern noch zu einem vollständigen Ersatz von Obamacare ausgebaut werde.

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Möglich macht das die Regelung, dass am Ende auch das Repräsentantenhauses einem neuen Gesetz zustimmen müsste. Die Senatoren, John McCain, Lindsey Graham und Ron Johnson wollen das Gesetz mit ihrer Stimme in die sogenannte "Conference" überführen: Einem Gremium, in dem sich Senat und Repräsentatenhaus auf eine gemeinsame Endversion des Gesetzes einigen müssen, die von der zuvor beschlossenen abweichen kann. Wieso dort eine Einigung erzielt werden sollte, die im Senat allein nicht möglich war, ist aber offen. Am Ende muss auch noch Donald Trump das Gesetz unterzeichnen. (Manuel Escher, 28.7.2017)