Moskau – Die Angehörigen des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg, der in der NS-Zeit tausenden ungarischen Juden das Leben rettete, haben auf Zugang zu Archiven des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB geklagt. Die Klage sei am Mittwoch bei Gericht in Moskau eingereicht worden, erklärte der Anwalt der Familie, Iwan Pawlow.

Die Familie fordere "Zugang zu den Originaldokumenten", die Wallenberg beträfen. Die Klage eröffne nicht nur eine Gelegenheit, die Erinnerung an eine "bemerkenswerte Persönlichkeit" zu pflegen und zu bewahren, sondern richte sich auch gegen die Verschlossenheit der Archive des FSB, der aus dem früheren KGB hervor ging.

Historischer Hintergrund

Der am 4. August 1912 geborene Wallenberg war im Juli 1944 in das von den Nationalsozialisten besetzte Budapest gekommen und hatte ungarische Juden vor dem Tode bewahrt, indem er ihnen schwedische Papiere ausstellte. Zudem kaufte er zahlreiche Häuser, in denen er so viele Juden wie möglich unterbrachte und sie unter den Schutz Schwedens stellte.

Nach seiner Festnahme am 17. Jänner 1945 in Budapest durch sowjetische Soldaten verlor sich seine Spur. 1957 veröffentlichte die Sowjetunion ein Dokument, wonach er in der Zentrale des Geheimdienstes KGB in Moskau festgehalten wurde und am 17. Juli 1947 an einem Herzinfarkt starb. Historiker zweifelten diese Version immer an; sie gingen davon aus, dass Wallenberg hingerichtet wurde.

Nach Angaben von Anwalt Pawlow baten die Angehörigen Wallenbergs den FSB bereits mehrmals vergeblich um Akteneinsicht. Ihnen seien lediglich unvollständige Dokumente zur Verfügung gestellt worden. (APA, 28. 7. 2017)