Ein Vinebot harrt seines Einsatzes.

Foto: L.A. Cicero/Stanford News Service

Stanford – Ob Laufen, Hüpfen, Schwimmen, Fliegen oder Kriechen: Für Tiere und damit auch uns Menschen ist das Überbrücken von Distanzen unweigerlich mit Fortbewegung verbunden. Dieses Konzept hat daher bisher auch bestimmt, wie wir Roboter konstruieren.

Forscher der Stanford University haben hingegen einen neuen Ansatz gewählt, denn auch in der Natur gibt es eine Alternative: Pflanzen und Pilze überwinden Entfernungen durch Wachsen. Genauso geht auch eine neue Entwicklung aus dem Bereich der Soft Robotics vor: Der "Vinebot" (also Rankenroboter) der Stanford-Forscher bleibt zum Teil immobil, streckt von dieser Basis aus aber seine vielseitig verwendbaren Fortsätze aus.

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Das Grundprinzip ist recht einfach: Aus dem zylindrischen und nicht mobilen Grundkörper reckt sich der nach Pflanzenart bewegliche Teil – ein Schlauch aus Kunststoff, der pneumatisch gesteuert wird. Er wächst nach vorne, indem er sich umstülpt und dadurch immer länger wird. Das könne man sich vorstellen wie bei einer Socke, erklärt das Team um Allison Okamura den Vorgang.

Die Forscher fertigten einige Prototypen an und ließen diese verschiedene Aufgaben bewältigen: Zum Beispiel mussten sie einen Hindernisparcours aus Nägeln und klebrigem Fliegenpapier bewältigen, eine Wand hochwachsen, sich durch einen engen Spalt zwängen und dergleichen mehr. Alle Aufgaben wurden gemeistert.

Mögliche Verwendungszwecke

Okamuras Team sieht eine überaus breite Palette von Verwendungsmöglichkeiten für den Rankenroboter. So könnte er in seinen Fortsätzen Drähte oder Kabel transportieren und diese damit an unzugänglichen Stellen verlegen. Er kann auch mit Kameras oder Sensoren gespickt werden: Zum Beispiel könnte er sich durch die Trümmer eines eingestürzten Hauses schlängeln und mit einem Kohlendioxidsensor Stellen aufspüren, an denen Überlebende eingeschlossen sind. Da er weich und leicht ist, würde er für diese auch kein zusätzliches Risiko darstellen.

Auch im medizinischen Bereich könnten Rankenroboter Aufgaben übernehmen, indem sie sich sanfter als die bei heutigen Untersuchungen verwendeten Röhren durch den Körper schlängeln. Dafür braucht es natürlich entsprechend kleine Typen – und die Stanford-Forscher experimentieren auch bereits mit verschiedenen Größen. Die kleinste bisher gebaute Version ist nur 1,8 Millimeter groß.

Und auch sonst soll der Grundtyp in Zukunft auf verschiedenste Weise abgewandelt werden. Statt dem jetzigen Kunststoff werden unter anderem reißfestes Nylon und Kevlar getestet. Angedacht sind außerdem Versionen, die nicht mit Druckluft, sondern mit Flüssigkeiten betrieben werden: So könnten zum Beispiel Menschen, die in Trümmern eingeschlossen sind, vom Roboter nicht nur aufgespürt, sondern auch gleich mit Wasser versorgt werden. (red, 28. 7. 2017)