Wien – James Rushton ist 38, hörbar Brite und CEO des Sportstreamingportals Dazn, ausgesprochen wie ein verschliffenes "The Zone". Das steht für die Phase, in der sich Sportler auf ihre nächste Höchstleistung vorbereiten, einen Schlag, Schuss, Sprint, Sprung. Rushton soll Dazn zum "Netflix des Sports" machen. Dafür sammelt er Sportrechte, etwa an der Premier League außerhalb Großbritanniens, an der japanischen Fußballliga für zwei Milliarden Dollar über zehn Jahre, an der Champions League für Deutschland und Österreich, zusammen mit Sky. Die ist live nur noch im Pay-TV zu haben.

Rushton hat im Marketing des Fußballklubs Birmingham City begonnen, seit 2004 arbeitet er für die Dazn-Mutter Perform Group, kontrolliert von der Access Holding des russischstämmigen US-Investors Len Blavatnik. Plan sei nicht, Sportrechte für irrwitzige Summen aufzukaufen und Dazn dann an Amazon oder einen anderen Riesen zu verkaufen, sagt Rushton im STANDARD-Interview.

Österreich ist wie Deutschland und Schweiz, Japan und demnächst Kanada einer der ersten Märkte von Dazn, zwei bis drei pro Jahr sollen nun dazukommen. Seit einem Jahr ist das Portal in Österreich aktiv. Überproportional verkaufe Dazn hier Abos, sagt Rushton, verrät aber keine Zahlen.

Er sucht in Österreich Geschäftspartner: Telekoms etwa, die Mobiltelefone mit der vorinstallierten App ausliefern. Sender oder Portale, die Highlights der deutschen Bundesliga – jeweils ab Montag – zeigen wollen. Auf Spox.at werden die Clips jedenfalls laufen, einer Kooperation mit der Styria Media Group (Kleine Zeitung, Die Presse). ProSiebenSat1Puls4 vermarktet Werbung auf Sportvideos der Perform Group, die etwa krone.at zeigt.

James Rushton, CEO des Sportstreamingportals Dazn.
Foto: Robert Newald

STANDARD: Sie sind also der Grund, warum die Menschen künftig für Premiumsport live zahlen müssen – zum Beispiel für die Champions League.

Rushton: Ich würde da jetzt nicht zu 100 Prozent zustimmen. Land um Land ging die Champions League hinter Bezahlschranken, das zeichnete sich auch für Deutschland und Österreich längst ab.

STANDARD: Das tröstet den Fan aber nicht sehr.

Rushton: Aus der Fan-Perspektive ist das natürlich nicht so komfortabel wie Free TV. Aber die Dazn-Paywall ist ein wenig softer als die im traditionellen Pay-TV: 30 Tage kostenlose Testphase, jederzeit kündbar. Und die 9,99 * pro Monat sind ein ziemlich guter Preis für das Angebot.

STANDARD: Gibt es in fünf Jahren noch Premiumsport, womöglich live, im Free TV?

Rushton: Ich denke ja, und ich finde, das muss auch so sein. Im Sinne einiger Sportarten und im Sinne ihrer Promotion. Und natürlich gibt es ein öffentliches Interesse an bestimmten Sportevents, deren frei zugängliche Übertragung ja geregelt ist – in Österreich etwa die Abfahrt in Kitzbühel. Es braucht eine vernünftige Balance zwischen Pay und Free TV – und das umfasst für mich auch frei zugängliche Inhalte über Social Media.

STANDARD: Was sagen Sie den Menschen, die sich auch die 9,99 für Dazn nicht leisten können?

Rushton: Es ist natürlich tragisch, wenn man sich keine zehn Euro im Monat leisten kann. Wir halten das für einen fairen Preis, und wir locken die Leute damit auch nicht nur auf unsere Plattform und verlangen in zwei Jahren dann 35 Euro.

STANDARD: Wie lange bleibt es bei den 9,99?

Rushton: Langfristig, vielleicht mit gelegentlicher Inflationsanpassung.

STANDARD: Und damit können Sie sich Milliarden für Sportrechte leisten?

Rushton: Ja. Das ist keine philantropische Veranstaltung. Dazn ist als langfristiges Geschäft angelegt. Wir haben eine 10-Jahres-Perspektive, und wollen unseren Abonnentenstock langfristig entwickeln. Vielleicht wird unser Geschäftsmodell auch missverstanden.

STANDARD: Sie könnten das Missverständnis hier aufklären.

Rushton: Die Menschen glauben offenbar, wir konkurrieren mit klassischem, linearem Fernsehen.

STANDARD: Der ORF würde das so sehen, etwa wenn es um Rechte wie die Champions League geht.

Rushton: Schon klar. Wir investieren viel Geld in Rechte, aber abgesehen davon sind wir weit schlanker aufgestellt als traditionelle lineare oder Pay-TV-Anbieter. Wir haben zum Beispiel 170 Leute für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Sky hat wohl ein paar Tausend. Natürlich haben wir ein Massenprodukt, das sich mit ein paar hunderttausend Kunden nicht ausgeht, das müssen Millionen sein. Aber wir brauchen nicht unerreichbar viele, wie manche glauben, für ein solides Geschäft. Wir haben keinen Micky-Maus-Businessplan, der von zehn Millionen Abonnenten ausgeht. Da liegt das Missverständnis.

STANDARD: Verraten Sie uns, wieviele Abonnenten Sie in Österreich haben?

Rushton: Nein. Aber ich kann sagen, dass aus Österreich 15 Prozent unserer gesamten Abonnenten im deutschsprachigen Raum kommen – also ein überproportionaler Anteil. Wir überlegen, dem österreichischen Markt mehr Aufmerksamkeit zu widmen und über die nächsten zwölf bis 24 Monate auch mehr Geld zu investieren.

STANDARD: Die Rechte an der österreichischen Bundesliga und die TV-Rechte des österreichischen Ski-Verbands wären gerade zu haben. Bieten Sie mit?

Foto: Robert Newald

Rushton: Ich äußere mich grundsätzlich ungern über Rechte, die gerade auf dem Markt sind. Wenn ich daran interessiert bin, will ich meine Mitbewerber nicht darüber informieren. Wenn ich nicht interessiert bin, würde ich den Rechteinhabern keinen Dienst erweisen, wenn ich das kundtue. Die wollen ja möglichst viel Wettbewerb um ihre Rechte.

STANDARD: Vielleicht wollen Sie ja eine Ausnahme von ihrer Grundregel machen?

Rushton: Eigentlich nicht. Aber soviel kann ich sagen: 1. Wir wollen hier in Österreich mehr in Inhalte investieren. 2. Wir wollen soviel lokalen Content wie möglich. 3. Also sind Rechte wie die genannten interessant für uns. 4. Können wir diese Inhalte in einem ökonomisch sinnvollen Rahmen auf unsere Plattform bringen? Das ist nicht sehr wahrscheinlich, aber schauen wir einmal.

STANDARD: Noch ein Versuch: Beteiligen Sie sich an der laufenden Ausschreibung für Bundesliga und ÖSV? Ihr großer Mitbewerber Sky soll ja zum Beispiel sehr interessiert sein an möglichst exklusiven ÖSV-Rechten.

Rushton: Ich sage weder ja noch nein. Aber natürlich sieht Sky in diesen Rechten Potenzial. Als es um die Rechte an der Champions League ging, fragte mich ein Journalist, ob wir daran interessiert sind. Natürlich, sagte ich, warum sollten wir nicht? Wir treten aggressiv im Markt auf. Aber wir gehen nicht in Kamikaze-Manier vor, kaufen nicht um jeden Preis. Auch wenn uns manche als das Manchester City der Sportsender sehen, die für Spieler das Doppelte jedes anderen Clubs zahlen.

STANDARD: Wo wir schon bei den Spielertransfers sind: Die aberwitzigen zwei- und dreistelligen Millionenbeträge werden letztlich von Sky, Dazn und Co. befeuert.

Rushton: Natürlich sind das obszöne Summen. Und es gab immer Megastars, die angehimmelt wurden, so ist die Welt eben. Wir können und wollen den Ligen und Klubs nicht sagen, was sie mit dem Geld anfangen. Und die Ligen haben erkannt, dass das viele Geld, das oben hereinkommt, bis in die unteren Spielklassen durchkommen muss, bis zu den kleinen Klubs und bis zum Nachwuchs und zu sozialen Aufgaben.

STANDARD: Sie haben Übertragungsrechte am Daviscup. Nun höre ich der ORF stoße bisher nur auf Schweigen mit Anfragen über Kooperation oder Übertragungsmöglichkeiten.

Rushton: Wir wollen mit nationalen Marken und Unternehmen zusammenarbeiten, mit den Telekommunikationsunternehmen und den Rundfunksendern. Wir haben ab diesem Sommer die Rechte für Kurzzusammenfassungen der Highlights der deutschen Bundesliga 40 Minuten nach den Spielen. Aber für den Montag danach könnten wir Internet Highlight Clips an frei zugängliche Medien und Plattformen sublizensieren. Natürlich nutzen wir diesen Content auf haus-interne Plattformen wie Spox.at – aber darüber hinaus haben wir noch keinen externen Partner dafür in Österreich.

STANDARD: Beim Daviscup hätte sich schon einer gemeldet.

Rushton: Ich werde in Sachen Daviscup bei uns nachfragen. In Deutschland gab es beim Daviscup und dem Fedcup bereits gute Kooperationen zwischen uns und dem Hessischen Rundfunk oder auch dem Südwestfunk, da gab es ein oder zwei Spiele im frei empfangbaren Fernsehen. Nach Minsk ist Österreich allerdings im Daviscup gerade nicht so gut unterwegs.

STANDARD: Sie fordern als Pay-Plattform Sky heraus und kooperieren doch bei den Rechten für die Champions League. Wie hat man sich das Verhältnis vorzustellen?

Foto: Robert Newald

Rushton: Nur weil wir oft mit Sky beim Einkauf von Rechten konkurrieren, müssen wir nicht dasselbe Publikum ansprechen. In Deutschland und Österreich stagniert die Reichweite von Pay-TV bei 24, 25, 26 Prozent. Stellt man die Verbreitung von Smart TVs, Fernsehgeräten mit Onlineverbindung insgesamt gegenüber, dann sind das in den nächsten drei, vier Jahren doppelt soviele Haushalte. Unsere Zielgruppe sind Sportinteressierte, die bisher kein Pay-TV haben. Und für Pay-Nutzer ist DAZN ein komplementäres Angebot, eine Ergänzung.

STANDARD: Bestes Beispiel ist nun die Champions League: Wer Zugang zu allen Begegnungen live und komplett will, braucht nun Sky und Dazn.

Rushton: Wenn sie ein Hardcore-Fußballfan sind und schon für Sky Sports 35 Euro zahlen, dann sind die zehn Euro extra für Dazns Angebot eine spannende Ergänzung – kein entweder/oder. Würden wir 40 Euro verlangen, dann gäbe es diese Titanenschlacht zwischen Sky und Dazn.

STANDARD: Umso härter – abgesehen von der Champions League – der Preiskampf um Sportrechte.

Rushton: Natürlich geben sich die üblichen Verdächtigen bei den Rechteinhabern die Klinke in die Hand – Dazn, Sky, Discovery/Eurosport, ZDF, ARD… Man bietet das Mögliche, und wenn das nicht reicht, beutelt man den Staub aus der Arena vom Anzug und zieht weiter zur nächsten Verhandlung. Wer wie mitbietet, hängt vor allem davon ab, wie die Rechteinhaber ausschreiben. Und wenn diese Ausschreibungen Kooperationen ermöglichen – dann können die schon Sinn für alle ergeben.

STANDARD: Wenn zum Beispiel Dazn Sky bei der Champions League einen Großteil des Aufpreises von bisher 120 Millionen auf 200 Millionen pro Saison zuzahlt und DAZN dafür deutlich mehr komplette Livespiele bekommt, Sky dafür die Konferenzschaltung und sich das Mittwochspiel aussuchen kann.

Rushton: Wir werden in ein paar Wochen kommunizieren, wie die Aufteilung aussieht oder wer wieviel zahlt. Bis dahin: kein Kommentar. Sky und Dazn können von harten Verhandlungen und einem fairen Ergebnis sprechen. Und: Wir haben definitiv nicht nur die Brösel vom Kuchen abbekommen. Wir teilen uns die Rechte in einem angemessenen Verhältnis.

STANDARD: Was steht denn als Nächstes auf Ihrer Einkaufsliste? Die J-League in Japan für zehn Jahre haben Sie für zwei Milliarden Dollar gekauft. Einen wesentlichen Teil der europäischen Champions League für – geschätzt – hohe zweistellige Millionen. Die Formel 1 zum Beispiel wäre gerade in Deutschland zu haben.

Rushton: Für Deutschland, Österreich und die Schweiz kann ich sagen: Wir haben noch etwas vor. Uns interessieren alle Rechte, von denen wir uns mehr Wert bei Abonnenten und damit mehr Abonnenten erwarten. Ob das jetzt sehr unmittelbar anstehende Rechte wie die Formel 1 in Deutschland sind, bald verhandelte Rechte wie Bundesliga oder Ski in Österreich, die deutsche Bundesliga in drei, dreieinhalb Jahren oder internationaler Fußball, andere Sportarten in Deutschland wie Handball oder Basketball in Deutschland, oder Eishockey in Österreich: All das ist auf unserem Radar, und bei all dem überlegen wir, ob wir uns an den Ausschreibungen beteiligen. Machen wir das Rennen, und wo machen wir es? Das weiß keiner. Aber sicher ist: Wir sind nicht verrückt und zahlen völlig abgedrehte Summen.

STANDARD: Ganz grundsätzlich: Was ist Ihr sportliches Beuteschema?

Rushton: Wenn man den Kunden 30 Tage kostenlosen Test anbietet und beliebige Kündbarkeit, sind Olympische Spiele über kaum drei Wochen nicht ideal. Auch Fußballweltmeisterschaften oder Europameisterschaften von vier Wochen sind ein großartiger Event von gewaltiger Aufmerksamkeit – passen aber auch nicht ganz zu unseren Abokonditionen. Grundsätzlich suchen wir nach Rechten über eine ganze Saison. Auch wenn wir ganz gegen diese Generallinie in den nächsten ein, zwei Wochen bekanntgeben werden, dass wir ein ziemlich spannendes Einzelereignis zeigen.

STANDARD: Das Sie bestimmt schon verraten wollen.

Rushton: Ein paar Tage Geduld noch.

STANDARD: Dazn ist derzeit im deutschsprachigen Markt, in Japan und startet in den nächsten Tagen in Kanada. Das kann’s noch nicht gewesen sein.

Rushton: Zugegeben: Wenn wir uns schon einmal als das Netflix des Sports positioniert haben, dann sollten wir noch ein paar Märkte angehen. Wir haben uns zwei bis drei weitere Märkte pro Jahr vorgenommen, um unseren Businessplan zu erfüllen, unsere Marke zu stärken, die Eintrittsschwelle für potenzielle Konkurrenten zu erhöhen.

STANDARD: Welche zwei bis drei neuen Dazn-Märkte sind 2018 dran?

Rushton: Zumindest einer, wenn nicht zwei davon wird in Europa liegen. Mehr kann ich noch nicht verraten – wir verhandeln derzeit mit Rechteinhabern und Partnern. Je enger wir mit Partnern im Markt arbeiten können, umso größer die Chancen, dass wir in Rechte investieren. In Japan haben wir eine sehr spannende Partnerschaft mit NTT Docomo, dem größten Mobilfunkbetreiber in Japan. In Österreich haben wir derzeit keinen Telekompartner.

STANDARD: Das klingt auch nicht nach laufenden Verhandlungen.

Rushton: Es gab Kontakte. Wir und vielleicht auch potenzielle Partner könnten ein bisschen, nun, aktiver werden. In Japan ist Dazn in den Shops von NTT Docomo sehr präsent. Aber zumindest ebenso spannend ist für uns, ob die Dazn-App auf den Mobiltelefonen vorinstalliert ist. Wir müssen nun, nach der Startphase mit der britischen Premier League, die Aufmerksamkeit auf unsere Marke richten. Das könnte gerne auch im Supermarkt passieren. Zum Beispiel, dass man zu vier Dosen Red Bull eine Rubbelkarte mit zwei Monaten Dazn gratis bekommt.

STANDARD: Red Bull baut seine eigene Medienwelt, wenn auch mit sportlichen Inhalten wie Dazn – ein potenzieller Partner?

Rushton: Ein paar Leute, die früher für uns gearbeitet haben, arbeiten jetzt für Red Bull TV. Wir kennen also Soldaten im Feld. Aber ich hatte bisher keine Kontakte zum Management oder zum Eigentümer. Wenn Sie die Mobilnummer von Dietrich Mateschitz haben – ich würde gerne mit ihm plaudern. Ganz grundsätzlich agiert Red Bull ähnlich wie wir – disruptiv, innovativ.

STANDARD: Könnte es sein, dass Ihr Geschäftsmodell darauf abzielt: Wir kaufen in Bausch und Bogen Sportrechte, maximieren unterwegs die Abonnentenbasis, und verkaufen in ein paar Jahren an einen der Digitalriesen wie Amazon?

Rushton: Die einfache Antwort lautet: Das ist nicht der Plan. Der Mehrheitseigentümer der Perform Group …

STANDARD: ... der russischstämmige Multimilliardär Len Blavatnik …

Rushton: … hat bei Geschäftsmodellen nicht den großen Verkauf im Fokus. Da geht es um den Wert für die Eigentümer. Und wenn Sie fünf Jahre zurückschauen: Warum hat Access Industries damals in Warner Music investiert? In eine Branche, die zu zerbröseln schien gegen Apple und iTunes? Heute ist Warner jenseits aller Erwartungen profitabel. Businessmodelle der Musik wurden mit Spotify und Deezer neu erfunden.

STANDARD: Ebenfalls Acces-Beteiligungen.

Rushton: Und Plattenverkäufe gehen durch die Decke. Soll heißen: Wir verstehen schon unser Geschäft. Und es ist keine Weltraumwissenschaft. Wir müssen einen Massenmarkt erreichen – einen Abonnentenstamm wie Sky Sports, und das sind Millionen. Wenn wir diese Abozahlen langfristig nicht erreichen, kann man auf einer Serviette ausrechnen, dass sich das nicht ausgeht. Aber wenn wir das nötige Publikum erreichen, sind wir relativ rasch bei positiven Ergebnissen.

STANDARD: Relativ rasch heißt?

Rushton: In unseren ersten Märkten: 2019 oder 2020. Und wenn das ein tragfähiges Geschäftsmodell ist, wovon wir ausgehen, dann kann das natürlich für Investoren interessant sein. Aber darauf ist das Unternehmen nicht angelegt.

STANDARD: Wenn wir schon beim tragfähigen Publikumsinteresse sind – Sie aber keine Abonnentenzahl für Österreich verraten wollen: Wieviele Abonnenten hat Dazn denn insgesamt?

Rushton: Wir publizieren keine Abozahlen. Das regt natürlich zu Spekulationen an, und langsam gehen uns die auf die Nerven. Also könnte es sein, dass wir gegen Jahresende 2017 erste Zahlen veröffentlichen, wenn wir schon mehr als ein Jahr im deutschsprachigen Markt und in Japan aktiv sind. Fürs Erste nur: Wir sind gut unterwegs und liegen über unseren Erwartungen.

STANDARD: Und in der spielfreien Zeit über den Sommer kündigen erst einmal alle, die Sie mit der britischen Premier League für 9,99 geködert haben.

Rushton: Wir haben ehrlicherweise sehr stark auf die Premier League gesetzt. Und wir haben über den Sommer doch mit wesentlichen Kündigungsraten kalkuliert. Aber die blieben auch nach acht Wochen ohne Premier League weit unter unseren Erwartungen. Da müssen wir doch etwas richtig gemacht haben.

STANDARD: Wir waren schon bei Expansionsmärkten: China ist ein Fußball-Wachstumsmarkt, sagt mir unsere Sportredaktion.

Foto: Robert Newald

Rushton: Ein gewaltiger Markt, keine Frage. Das Potenzial treibt einem die Tränen in die Augen. Aber: Sie müssen Chinese sein, um in China ein Content Business zu betreiben, ob das nun eine Nachrichtenseite oder eine digitale Sportplattform ist. Selbst wenn wir wollten, könnten wir dort nicht starten. Wir haben dort strategische Partnerschaften. Baidu, das chinesische Google, hat ein eigenes Livestreaming-Angebot, und wir liefern zu. Der Großteil des Streamingangebots in China ist kostenfrei zugänglich – die sind da vielleicht noch weiter als USA und Europa.

STANDARD: Kurzum: China ist keine Option.

Rushton: Aber wir überlegen sehr ernsthaft eine länderübergreifende Plattform für Südostasien. Das könnte ein Modell für die Expansion sein, etwa auch eine englischsprachige für Skandinavien. Und wenn einer der so abgedeckten Märkte sich besonders gut entwickelt, können wir dafür ein Länderportal mit regionalen Inhalten starten.

STANDARD: Die österreichische Bundesliga überlegt schon länger, eine eigene Pay-Plattform zu starten. Anbieter wie Dazn könnten die Technik beisteuern.

Rushton: Nein, wir sind kein technischer Dienstleister. Das können andere besser. Die Perform Group hat vor zwölf Jahren die Webseiten einer Reihe von Fußballigen betreut, clubeigene Fernsehsender. In dieses Geschäft wollen wir nicht zurück. Wir arbeiten an und investieren lieber in Werte, die uns gehören. Aber: Die US-Footballliga NFL zum Beispiel hat eine eigene Plattform, die wir in unser Angebot integriert haben. Das könnte auch ein Modell für andere Länder und Sportarten sein, auch Plattformen von Rundfunkanbietern. (Harald Fidler, 29.7.2017)