Gatsch, jede Menge Gatsch. Unvorstellbare Mengen an Gatsch, der überall picken bleibt. An Schuhen, Rocksäumen, Hosen, Mänteln, ja sogar im Gesicht. James Keziah Delaney stapft und mordet sich durch das London des Jahres 1814, das in der düsteren BBC-One-Serie Taboo (zurzeit auf Amazon Prime) so viel mehr nach Mittelalter riecht denn nach aufgeklärter Industrieller Revolution.

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Delaney (erstklassig gespielt von Mad Max-Darsteller Tom Hardy) ist der in Afrika verschollen geglaubte Sohn, der nach einer Dekade plötzlich wieder auftaucht – gerade noch rechtzeitig, bevor ihn der arrogante Schwager um sein Erbteil bringen kann. Der ist zwar ein echter Ungustl, aber irgendwie versteht man's, dass er Delaney nicht mag, hatte dieser doch ein Pantscherl mit seiner Frau. Und die ist – Mutter aller Tabus! – Delaneys Halbschwester.

Eine Insel abluchsen

Und da ist auch die ehrenwerte British East India Company – heute würde man Mafia dazu sagen –, die ihm eine geerbte Insel abluchsen will. Das kann Delaney, der ob seiner schuldhaften Vergangenheit von Alb- und Wachträumen Geplagte mit dem alles durchdringenden, stechenden Blick, natürlich nicht zulassen. Zunächst macht er das absolut höflich klar, dann umso drastischer.

Den von Drehbuchautor Steven Knight (Peaky Blinders) ersonnenen Kampf um Profit auf der einen und um Selbstbestimmung auf der anderen Seite überleben nicht gerade viele Protagonisten – doch genug, um auf ein Segelschiff mit Kurs Amerika zu passen und so für eine intakte Erwartungshaltung in Hinsicht auf eine zweite Staffel zu sorgen. Dann leider nicht mehr dabei: die grandiose Franka Potente (Lola rennt) als abgewrackte Puffmutter mit Make-up- und Zahnstein-Problem. (Gianluca Wallisch, 31.7.2017)