Auf der Seite "Der Volksbeobachter" haben deutsche Wissenschafter absichtlich Fake-News veröffentlicht, um deren Verbreitung zu erforschen.

Screenshot: red

Fake-News bereiten Politik, NGOs und Medien Kopfzerbrechen. Mit wiederkehrenden Berichten wie jenen über angeblich an Flüchtlinge verschenkte Smartphones wird in der Bevölkerung Stimmung gegen bestimmte Gruppen gemacht. Scherze wie die "Aids-Banane" sorgen für Verunsicherung. Deutsche Forscher haben nun untersucht, wie schnell sich Fake-News in den sozialen Medien verbreiten.

Rechte Website erfunden

Für das Experiment haben Kommunikationswissenschafter der Universität Hohenheim in Stuttgart die Website "Der Volksbeobachter" erstellt und darüber zunächst zwei Wochen lange echte Nachrichten veröffentlicht. Erst danach folgten die Fake-Meldungen mit Schlagzeilen wie "Gratis-Sex für Asylanten – Landratsamt zahlt" und "Flüchtling schnappt Deutschem Job weg". Zusätzlich haben die Forscher Fake-Profile in sozialen Medien angelegt, um die Nachrichten dort auf den Weg zu bringen. Im April wurden so insgesamt vier erfundene Nachrichten verbreitet.

Nun haben die Forscher um Professor Wolfgang Schweiger das Experiment enttarnt und gaben in der ARD-"Tagesschau" einen Einblick in ihre Erkenntnisse. Eines der gefälschten Facebook-Profile hatte nach zwei Wochen bereits 251 Freunde, so Schweiger. Die Profile wurden in einschlägige Kreise gebracht, indem sie rechtspopulistischen Gruppen beitraten. Ihre Echtheit sei weder von anderen Nutzern noch von Facebook hinterfragt worden.

Die Nachrichten konnten so mit wenig Aufwand sehr schnell hohe Reichweiten erzielen. Die Meldung "Gratis-Sex für Asylanten" erreichte nach vier Tagen mehr als 11.000 Personen beziehungsweise wurde sie so vielen Personen im Facebook-Feed angezeigt. Mehr als 150 Personen haben den Beitrag nach dieser Zeit aktiv geteilt.

Kritik an Experiment

Viele Nutzer würden nicht darauf achten, von welchen Seiten die Nachrichten stammen, die sie in sozialen Medien teilen, erklärt der Wissenschafter. Mit "Der Volksbeobachter" war absichtlich ein Name gewählt worden, der an die NSDAP-Zeitung "Völkischer Beobachter" erinnern sollte. Nur bei einigen Nutzern schrillten die Alarmglocken. Sie enttarnten die Meldung "Gratis-Sex für Asylanten – Landratsamt zahlt" als Fake, unter anderem weil sie in der fiktiven Stadt "Bad Eulen" angesiedelt war. Anderen Nutzern war das laut Schweiger aber egal, sie teilten sie dennoch, weil die Meldung in ihr Weltbild passte.

Auf der Website werden Nutzer inzwischen vor der unbedachten Verbreitung von Inhalten im Netz gewarnt. Es sei wichtig, "Inhalte kritisch zu hinterfragen und Quellen zu prüfen", rufen die Forscher auf. An dem Experiment gibt es jedoch auch Kritik. Auf "Meedia" wird das Vorgehen der Wissenschafter verurteilt. Sie hätten nur selbst Fake-News in die Welt gesetzt, dadurch aber keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Die Richtigstellung der Nachrichten dürfte nun weniger Personen erreichen als die Fake-Meldungen selbst. (br, 1.8.2017)