Bei mütterlicher Depression könnten Väter mögliche negative Effekte lindern.

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Israel – Leiden Mütter unter Depressionen, hat das negative Auswirkungen auf die ganze Familie. Eine Studie der israelischen Bar-Ilan-Universität untersuchte daher die Rolle von Vätern in dieser Situation. Dabei ging es darum zu erforschen, ob Väter durch ihre Erziehungsmethoden einen Ausgleich zu den negativen Effekten der Depression ihrer Partnerinnen schaffen können.

Die Studie beschreibt erstmals die Prozesse innerhalb von Familien mit einer depressiven Mutter anhand direkter Beobachtung des Vater- und Mutterseins und von Familiendynamiken. So zeigte sich, dass in den Familien mit einer Mutter, die an Depression leidet, auch die Mehrheit der Väter im Umgang mit den Kindern weniger einfühlsam war.

Aus früheren Studien geht hervor, dass ein warmherziger und harmonischer Familienalltag wichtig für die soziale Entwicklung von Kindern ist. Es wird vermutet, dass dadurch das Risiko für psychische Krankheiten gesenkt wird, die soziale Kompetenz der Kinder steigt, physiologischer Stress gemindert wird und die Kinder eher lernen, ihre Emotionen zu kontrollieren und auszudrücken.

Depression ist Familiensache

Die psychische Beeinträchtigung eines Elternteils und die Gefährdung des elterlichen Wohlbefindens können das Familienleben erheblich beeinträchtigen. Depressionen der Mutter, vor allem in den ersten Lebensjahren des Kindes, gehören hierbei zu den am häufigsten auftretenden Problemen. In Österreich ist in etwa jede fünfte bis siebente Frau von postpartaler Depression betroffen. Jedoch sind die Folgen davon nicht auf die Mutter-Kind-Beziehung beschränkt. Eine Erforschung des Einflusses auf die anderen familiären Beziehungen wie beispielsweise die zwischen Vater und Kind, vor allem bei einer chronischen Depression, ist den StudienautorInnen zufolge daher von Bedeutung.

Unter diesen Gesichtspunkten wurden im Zuge der Studie drei Hypothesen analysiert: Der Effekt der Depression der Mutter auf die Mutter-Kind- und Vater-Kind-Beziehung, der Einfluss der Depression auf die Dynamiken innerhalb der Familie und die möglichen Ausgleichseffekte durch das Verhalten des Vaters. Aus den Ergebnissen der Studie geht eindeutig hervor, dass mütterliche Depression eine "Familienangelegenheit" ist, also dass sie die gesamte Familie beeinflusst.

Längerfristige Folgen erforscht

Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie handelte es sich um heterosexuelle Paare aus der Mittelschicht, die gerade ein Kind bekommen hatten, zusammen lebten und bei denen keine anderen psychischen oder gesundheitlichen Probleme bestanden. Die Paare wurden nach der Rekrutierung für die Studie über einen Zeitraum von sechs Jahren mehrmals befragt und besucht. Für Studienautorin Ruth Feldman lag darin die größte Schwierigkeit der Studie: "Aufgrund unserer spezifischen Anforderungen und der langen Studiendauer von sechs Jahren war es eine Herausforderung, ein ausreichend großes Sample aufrechtzuerhalten", so die Forscherin gegenüber dem STANDARD.

Die Studie konnte nun zeigen, dass der familiäre Zusammenhalt bei Familien mit depressiven Müttern geringer war. Daraus geht hervor, dass die psychische Erkrankung der Mutter einen Einfluss auf die Familienmitglieder und ihr Verhalten, auch untereinander, hat. Eine Erkenntnis, die den AutorInnen zufolge vermuten lässt, dass Kinder depressiver Mütter dadurch einem höheren Risiko ausgesetzt sind, in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung eingeschränkt zu sein. Denn in jenen Familien, in denen auch die Väter weniger einfühlsam agierten und den Kindern wenig Möglichkeit zur sozialen Interaktion boten, bestimmte die Depression der Mutter die familiäre Atmosphäre und den Familienzusammenhalt.

Etwa ein Drittel der Väter mit einer depressiven Partnerin agierte jedoch anders als die Mutter und konnte somit die negativen Auswirkungen mildern, heißt es in der Studie. Das betont die Möglichkeit der ausgleichenden Mechanismen durch Väter, die unabhängig von der Depression ihrer Partnerin einen sensiblen und engagierten Erziehungsstil verfolgen. Die Erziehung durch den Vater könnte somit die möglichen negativen Effekte einer Depression der Mutter abfedern, eine Erkenntnis, die aufzeigt, wie wichtig die Rolle der Väter in der Erziehung ist.

Lösungsansatz

Das ForscherInnenteam vermutet, dass die Entwicklung eines einfühlsamen Erziehungsstils für Väter aber besonders schwierig ist, wenn ihre Partnerin unter Depressionen leidet und die mütterliche Pflege dadurch eingeschränkt ist. Frühe Intervention bei Familien mit depressiven Müttern, die Väter unterstützen, ihnen ihre Bedeutung bewusstmacht und ihnen aufzeigt, wie sie in der Erziehung ihrer Kinder Einfühlungsvermögen zeigen können, sollte laut dem ForscherInnenteam ein Ziel im Umgang mit mütterlicher Depression sein.

Aufgrund der Tatsache, dass die Studie eine der ersten ihrer Art ist, sind die Ergebnisse in ihrer Aussagekraft jedoch limitiert. Dennoch sind die Erkenntnisse rund um die Rolle des Vaters aus Sicht der Forscher und Forscherinnen von Bedeutung, da die Zahl der Diagnosen von Depression bei Müttern stetig ansteigt.

Da die Vater-Kind-Beziehung stark in den soziokulturellen Kontext eines Landes eingebunden ist, ist sie ständigen Veränderungen unterworfen. Die ForscherInnen vermuten daher, dass der ausgleichende Effekt der Väter nur in jenen Kulturen ausschlaggebend sein wird, in denen diese stärker ins Familienleben eingebunden sind. (jvs, 3.8.2017)