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Nach weniger als zwei Wochen im Amt hat Donald Trump seinen Kommunikationschef Anthony Scaramucci schon wieder im Regen stehengelassen. Die Entscheidung soll auch die neue Autorität von Stabschef John Kelly demonstrieren.

Foto: REUTERS/Carlos Barria/File Photo

"Ein toller Tag im Weißen Haus", twitterte Donald Trump, nachdem er seinem Kommunikationschef nach nur zehn Tagen im Amt den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte. Es waren geradezu zynische Abschiedsworte für Anthony Scaramucci, einst Hedgefondsmanager, der sich gern als Alter Ego des Präsidenten in Szene setzte, genauso laut, genauso barsch, eben ein New Yorker so wie Trump.

Scaramucci ist der letzte in einer langen Reihe glückloser Kandidaten, die erst mit Lobeshymnen begrüßt wurden, um bald darauf umso kaltschnäuziger entlassen zu werden. Noch vor wenigen Tagen hatte er mit einer öffentlichen Mobbing-Kampagne dazu beigetragen, dass sowohl Trumps Sprecher Sean Spicer als auch Stabschef Reince Priebus ihre Posten verloren. Seine plötzliche Macht scheint ihm allerdings zu Kopf gestiegen sein.

Dem Staatschef, heißt es, habe es gar nicht gefallen, dass plötzlich ein schriller Entertainer neben ihm auftauchte, der den Part des Hauptdarstellers beanspruchte. Als Scaramucci in einem Interview mit dem New Yorker sowohl über Priebus als auch über den Chefstrategen Steve Bannon in derben Worten herzog, soll auch Trump nicht mehr gut auf ihn zu sprechen gewesen sein. Vor allem wohl, weil die Tirade für fette Schlagzeilen sorgte. Damit rückte der Geldjongleur auf die Abschussliste des Präsidenten.

Die derbsten Formulierungen von Anthony Scaramucci im Video.
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Am Ende drängte John Kelly, der neue Stabschef des Weißen Hauses, kompromisslos auf Scaramuccis Entlassung; dies ist die offizielle Version. Kelly sei entsetzt gewesen über die Ausfälle des Kommunikationschefs, Trump habe seine Ansichten geteilt.

Schlussstrich des Generals

Ob das nun stimmt oder nicht, die schnelle Entscheidung soll signalisieren, dass Trumps zweiter Stabschef anders als sein Vorgänger Autorität bekommt. Kelly, Ex-General der Marineinfanterie, soll einen Schlussstrich unter ein Sommertheater voller Turbulenzen und Ränkespiele ziehen. Er gehört zu den wenigen im Kabinett, die Trump wirklich zu respektieren scheint. Dieser hat bekanntlich eine Schwäche fürs Militär, obwohl er seine Einberufung zu Zeiten des Vietnamkriegs mit ärztlichen Attesten umging. Der nach außen hin stoisch wirkende Ex-General also soll dem Regierungsalltag so etwas wie militärische Disziplin aufzwingen.

Über Kellys Vorgänger Reince Priebus wird erzählt, dass er sich an die Tür des Oval Office stellen musste, um überhaupt mitzubekommen, wer bei Trump vorsprach. Übergangen und ignoriert, ein überforderter Organisator, dessen Autorität zerrieben wurde in den Machtkämpfen zwischen rivalisierenden Fraktionen: So geht Priebus in die Chronik ein.

Kelly, lautet die Botschaft, werde sich ein solches Durcheinander nicht bieten lassen. Er lasse das Oval Office durch eine Prätorianergarde abschirmen, durch Wachen, an denen keiner vorbeikomme, wenn es der Stabschef nicht wolle. Jeder Mitarbeiter des Weißen Hauses sei Kelly direkt unterstellt, betont Sarah Huckabee Sanders, die Sprecherin Trumps.

Ob sich allerdings auch die familiären Berater, allen voran Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, an das angepeilte Procedere halten, bleibt abzuwarten. Dass der Einfluss der beiden schwindet, kann sich niemand vorstellen. Zumindest keiner, der weiß, wie der Familienclan seit dem Wahlkampf die Fäden zieht – und wie klein der Kreis der Vertrauten ist, auf die der notorisch misstrauische Präsident tatsächlich hört. Zudem stellt sich die Frage, ob es Kelly gelingt, Trump zu einem sparsameren Umgang mit Tweets zu überreden, den Kurzmitteilungen, die der 71-Jährige benutzt, um direkte Drähte zu seinen Anhängern zu knüpfen. Die Twitter-Manie hat die Regierungsarbeit enorm belastet, allzu oft reichten 140 spontan dahingeschriebene Zeichen in der Früh, um alles zu konterkarieren, was seine Minister zuvor ausgetüftelt hatten. Ob Kelly die Twitter-Manie in den Griff bekommt? Newt Gingrich, einer der frühen Mitstreiter des Immobilienmoguls, sieht es mittlerweile skeptisch. "Trump mag zwar geordnete Systeme", sagt er. "Aber für sich selbst behält er sich das Recht vor, jederzeit Chaos stiften zu können." (Frank Herrmann aus Washington, 1.8.2017)